Konzept für Haus der Geschichte steht

Das Haus der Geschichte wird in der Neuen Burg etabliert. Heute, Mittwoch, wurde die Umsetzungsstrategie des Internationalen Beirates unter Vorsitz des Zeithistorikers Oliver Rathkolb vorgestellt. "Wir haben im gemeinsamen Dialog eine Lösung gefunden", sagte Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ). Am 14. September tagt die Steuerungsgruppe das nächste Mal, Kostenschätzungen werden erst angestellt.
Als nächster Schritt werde eine Änderung des Bundesmuseengesetzes vorbereitet, so Ostermayer. "Der Vorschlag ist, dass wir das Haus der Geschichte andocken an die Österreichische Nationalbibliothek, dass wir Synergien nutzen, dass es aber einen eigenständigen Direktor, ein eigenes Budget, einen eigenen wissenschaftlichen Beirat, aber auch einen Publikumsbeirat geben soll." Der Experten-Vorschlag umfasst auch die Etablierung einer eigenen Sammlung.
Obergeschoß

"Wir werden beim Architekturwettbewerb darauf achten, dass es innovative Vorschläge geben wird", so der Kulturminister. Der inhaltliche Hauptschwerpunkt des Hauses der Geschichte werde der Zeitraum 1918 bis jetzt sein, jedoch ausgehend von 1848. "Ziel ist, dass wir im November 2018 fertig werden. Dieses Ziel ist extrem ambitioniert."
Kritik von FPÖ und den Grünen
Skeptisch zeigen sich die Kultursprecher von FPÖ und den Grünen angesichts der Umsetzungsstrategie. Walter Rosenkranz ( FPÖ) erteilt den Plänen eine klare Absage, Wolfgang Zinggl (Grüne) kritisiert u.a. die weiterhin ungeklärte Kostenfrage.
"Nur um ein Prestigeprojekt der SPÖ durchzupeitschen, wäre ein Haus der Geschichte am Standort Neue Burg nicht verantwortbar", meint Rosenkranz heute in einer Aussendung. Durch das neue Projekt werde das Weltmuseum beschnitten und die Sammlung alter Musikinstrumente "verräumt". Außerdem sei zu befürchten, dass diese weltweit einzigartige Sammlung bei der Umsiedelung "großen Schaden nehmen wird".
"Das Konzept ist zwar nicht neu, es ist auch nicht schlecht, lässt aber zu viele Fragen offen", sagt dagegen Zinggl. Das Raum-und Ideenkonzept sei "im Wesentlichen das von Claudia Haas aus dem Jahr 2008". Inhaltlich können sich die Grünen in weiten Strecken mit dem Konzept identifizieren, sie kritisieren vor allem einen jahrelangen, intransparenten Diskussionsprozess und noch fehlende Kostenschätzungen.
"Angesichts der Budgetnot und dringend benötigter Gelder im Kulturbereich ist die Kostenfrage aber die einzig relevante Gretchenfrage", so Zinggl in einer Aussendung. "Beim insgesamt gleichbleibend mageren Kulturbudget bindet die Umsetzung eines Prestigeprojekts als ein weiterer musealer Tanker einmal mehr Ressourcen auf Kosten all jener Einrichtungen und Initiativen, die nicht unter dem großzügigen Protektorat der Republik stehen."
Bereits Ende Jänner 2015 betraute Kulturminister Ostermayer den Historiker Oliver Rathkolb mit der Leitung des wissenschaftlichen Beirats für das am Heldenplatz geplante Haus der Geschichte. Rathkolb stand seither einem Team von rund 25 österreichischen und internationalen Experten vor, das auf den Ergebnissen der zahlreichen Vorstudien aufbauend ein Ausstellungskonzept erarbeitete.
Rathkolb bezeichnete nach seiner Bestellung Ostermayers Vorstoß gegenüber der APA als "einmalige Chance" und versicherte, das Haus der Geschichte solle "sicher kein braves Nationalmuseum" werden. Als Eröffnungstermin brachte er das Jahr der 100. Wiederkehr des "Schlüsseljahres" 1918 ins Spiel. Für den künftigen Architekten ortete Rathkolb allerdings eine Herausforderung: "Diese imperialen Räume haben eine unglaubliche Deutungsmacht", sagte er damals. Auch der Platz selbst sei von Prinz-Eugen-Denkmal bis Hitler-Rede extrem aufgeladen - gerade daher aber spannend zu bespielen.
"Ich bin überhaupt nicht glücklich, wie das alles verlaufen ist"
Kontroversen
Die Standortentscheidung für das Haus der Geschichte löste rasch Kontroversen aus. So zeigte sich etwa der designierte Direktor des Wien Museums, Matti Bunzl, der sich auch im Rathkolb-Beirat findet, "überhaupt nicht glücklich, wie das alles verlaufen ist". Es sei ihm nie in den Sinn gekommen, dass das Match "Haus der Geschichte vs Weltmuseum" heißt. "Ich verwehre mich dagegen, auf der Seite des Hauses der Geschichte zu sein. Ich bin genauso auf der Seite des Weltmuseums. Ich bin immer ein Mediator und Vermittler."
Ende Februar räumte Ostermayer ein, dass die Neustrukturierung der Neuen Burg und Realisierung eines "Hauses der Geschichte" nicht alleine durch die Redimensionierung des geplanten Ausbaus des Weltmuseum Wien finanzierbar sei. "Natürlich braucht es zusätzlich Geld", so der Minister, versicherte aber, dass es sich nur um einen Bruchteil dessen handle, was ein Neubau kosten würde. Die durch die Redimensionierung des Weltmuseums frei gewordenen Mittel belaufen sich schließlich auf lediglich elf Mio. Euro.
Im März wurde schließlich die seit 2009 unter Verschluss gehaltene Studie von Haas & Lordeurop veröffentlicht, die damals eine jährliche Besucherzahl von bis zu 220.000 Menschen in einer Maximal-Variante (11.200 Quadratmeter) angegeben hatte. Durchgerechnet wurden damals drei unterschiedliche Varianten, wobei für die Minimalvariante 4.300 Quadratmeter Gesamtfläche angenommen wurde, wobei jedoch stets von einem Neubau ausgegangen worden war. Die Errichtungskosten eines Neubaus wurden zwischen 43 und 112 Millionen Euro veranschlagt. Von der APA befragte Experten schätzten die Kosten für das "Haus der Geschichte" auf 25 bis 60 Mio. Euro.
Steuerungsgruppe
Ende März setzte die Regierung schließlich eine Steuerungsgruppe ein, in der Vertreter aus dem Kanzleramt, Wissenschaftsministerium, Finanzressort, Innen- und Verteidigungsministerium, die Burghauptmannschaft, die Bundesimmobiliengesellschaft, das Bundesdenkmalamt, die Nationalbibliothek, das Kunsthistorische Museum, die Uni Wien, die Akademie der Bildenden Künste sowie die Landeshauptleutekonferenz einbezogen werden sollte.
Als mögliche Räumlichkeiten wurden 3.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche in der Beletage der Neuen Burg genannt, wo sich derzeit allerdings die zum KHM gehörende Sammlung Alter Musikinstrumente befindet. In Folge äußerten sich einige Experten kritisch: Die Rede war vom "Reinquetschen in Altbestand", der ehemalige KHM-Direktor Wilfried Seipel nannte die plötzliche Umplanungs-Forderung "politisch als auch sachlich unverantwortliche Vorgangsweise", für ein Haus der Geschichte gebe es "nichts Ungeeigneteres als die Neue Burg". Martin Fritz, der sich historisch mit der Neuen Burg auseinandergesetzt hat, plädierte für einen Neubau eines Zeitgeschichte-Kompetenzzentrums gegenüber des Corps de Logis auf der jetzigen "Hundewiese", "wo ja schon im frühen 20. Jahrhundert als letzter Teil des Kaiserforums ein Museumsstandort vorgesehen war", so Fritz im Frühjahr zur APA.
Musikinstrumente-Sammlung
Auch gegen die drohende Absiedlung der Musikinstrumente formierte sich rasch Protest. Der Österreichische Musikrat (ÖMR) nannte die Einschränkung der räumlichen Möglichkeiten "nicht akzeptabel". Eine von Peter Donhauser, dem ehemaligen Sammlungsleiter im Technischen Museum Wien und zeitweisen interimistischen Leiter, initiierte Petition zum Erhalt der Sammlung wurde in kürzester Zeit von mehr als 6.500 Menschen unterschrieben.
Im Juni standen die Pläne für ein "Haus der Geschichte Österreichs" im Mittelpunkt einer von der Österreich-Sektion des Museumsbunds ICOM organisierten Veranstaltung im Weltmuseum. Neben dem Republikjubiläum 2018 wurde dabei erstmals 2022 als Zeithorizont neu in die Debatte eingeführt: Dann werde nämlich "das Containerdorf des Parlaments" vom Heldenplatz wieder abgesiedelt, sagte Oliver Rathkolb.
"Haus der Zukunft"
Mitten im Sommer brachte schließlich die ÖVP eine neue Facette ins Spiel: Wissenschaftsstaatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) schlug nicht nur einen Neubau neben dem Äußeren Burgtor vor, sondern auch neue Inhalte. Ihm schwebt ein "Haus der Zukunft" vor. Rathkolb hielt die Idee für "ausgezeichnet". "Ich bin Staatssekretär Mahrer dankbar für seine Initiative. Er zeigt, dass es wichtig ist, eine Neupositionierung des Platzes zu diskutieren", so Rathkolb im August zur APA. Ein "Haus der Zukunft" auf der Hundewiese, der laut Rathkolb "kein Ruhmesplatz der Stadtgestaltung" ist, und das "Haus der Geschichte" würden einander nicht ausschließen. Die Idee passe sehr gut zu seinem Konzept, dessen letztes Kapitel sich mit Zukunft, Utopien und Österreich im europäischen Kontext beschäftigt.
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