Groß, größer, Grosse

Ich amüsiere mich sehr bei meiner Arbeit“, sagt Katharina Grosse. Man kann es ihr nachfühlen: Mit einer riesigen Spritzpistole auf einer Hebebühne zu stehen und im großen Stil Farbe zu versprühen, das hat schon etwas.
Auch Betrachter sind in Grosses großformatiger Installation im Obergeschoß des Kunsthaus Graz verleitet, in einen Farbenrausch zu kippen: Wie große Wellenberge türmen sich dort riesige Bahnen von Schaumstoff, die die Künstlerin mit Farbstrichen überzogen hat. Der Malgrund wirft Höhlen und Nischen, die im einfallenden Licht zu Skulpturen, mitunter zu geheimnisvollen Tunnels mutieren.
Rasch wird klar, dass der Wechsel zwischen Monumentalität und Detail, zwischen ausufernden Farbstrichen und stimmigem Gesamteindruck kein Zufallsprodukt ist: Katharina Grosses Werk liegt ein intensives Ausloten der Malerei und ihrer Grenzbereiche zugrunde. Nicht umsonst gilt die 1961 geborene Künstlerin als eine zentrale Malerin ihrer Generation. Ihre Bilder und Installationen sind international gefragt.
Bild als Kontinuum
„Ich nehme das, was um ein Bild herum passiert, als den unsichtbaren Bestandteil eines Bildes wahr“, erklärte Grosse, die neben ihrer Arbeit in Räumen stets auch klassische Leinwand-Bilder malt, dem KURIER bei ihrer letzten Ausstellung in der Wiener Galerie nächst St. Stephan 2013.

Der höhlenartige, durch Bullaugenfenster und Leuchtstoff-Spiralen erhellte Saal im Kunsthaus Graz wurde wegen mangelnder Ausstellungs-Tauglichkeit öfters kritisiert – für Grosses Installation, in die man durch ein Rollband förmlich hineingleitet, erweist sich der Raum aber als idealer Partner. Die Schaumstoffberge können umwandert – allerdings nicht betreten – werden, durch die unterschiedlich weit gespannten Farbstriche offenbaren sich immer wieder neue Zusammenhänge.
Zuletzt hatte Grosse ihre Großformate oft in den USA realisiert – etwa in New York, in Philadelphia oder dem riesigen, zum Museum umgebauten Fabriksgelände des „Mass MoCA“ in North Adams/Massachusetts.
Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten fällt Grosses unbegrenzte Malerei auch wegen der seit den 1960er-Jahren bestehenden Tradition der „Land Art“ auf fruchtbaren Boden: Wo Bildhauer wie Michael Heizer auf dem Weg zu einem erweiterten Skulptur-Begriff ganze Berge zerschnitten, darf auch die Malerei etwas weiter ausgreifen.
Grosse selbst betont oft, dass ihre Malerei – Sprühpistole hin oder her – nichts mit Graffiti oder „Street Art“ zu tun hat. Als Malerin sieht sie sich durchaus in einer europäischen Tradition: Die Idee, dass eine Leinwand nur den Ausschnitt eines allumfassenden, totalen Bildes zeigt, fände sich ja auch schon in Claude Monets späten Seerosen-Bildern, erklärt sie. Die Wasserblumen allerdings sucht man im Kunsthaus Graz vergeblich.
Die Künstlerin
Katharina Grosse wurde 1961 in Freiburg/Breisgau geboren. Seit 1996 stellt sie international aus, seit 2010 ist sie Professorin an der Kunstakademie in Düsseldorf.
Grosse wird seit vielen Jahren von der Wiener Galerie nächst St. Stephan vertreten. www.katharinagrosse.com
Die Ausstellung
Grosses Installation im Kunsthaus Graz trägt den Titel „Wer, ich? Wen, du?“ und ist bis zum 12. 10. 2014 zu sehen. Parallel zeigt das Kunsthaus eine Ausstellung zum Werk des Grazer Medienkünstlers Karl Neubacher (1926–1978). Infos: www.museum-joanneum.at
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