Lebensverlängernde Maßnahmen für Graffiti

Der französische Fotograf Julien Coquentin beschäftigt sich noch gar nicht so lange mit Fotografie. Dennoch wurden seine Arbeiten bereits in Frankreich und auch international ausgestellt. Themen wie Kindheit oder Erinnerungen scheinen den 1977 geborenen Künstler in seiner Arbeit besonders zu interessieren. Im Interview sprach Julien Coquentin über seine Fotoserie "Zeichne mir bitte eine Mauer", lebensverlängernde Maßnahmen für Graffiti und Mauern, die Geschichten erzählen.
Was fasziniert Sie an Street Art?
Es ist eine schöne Möglichkeit, die Stadt zu erweitern, sie aus einem anderen Blickwinkel zu erzählen. Ich würde gerne Geschichten durch diese Bilder erzählen, sie auf eine gewisse Art und Weise aus der Mauer schälen und zum Leben erwecken. Jene, die sie malen, nehmen das Risiko auf sich, dass ihre Arbeit von einem Tag auf den nächsten verschwinden könnte. Das muss ein schräges Gefühl sein. Graffiti zu fotografieren, ist eine gute Möglichkeit, ihre Lebensdauer zu verlängern.
Wie sind Sie auf die von Ihnen gestalteten Motive gekommen?
Die Mauern haben mich ganz einfach im Vorbeigehen inspiriert. Alles fing mit dem Wolf an (siehe Bildergalerie). Er ist mir im Winter begegnet, die Mauer war im Sommer noch dicht mit Efeu bewachsen, der das Tier größtenteils versteckte. Als der Efeu dann welkte, waren wir im Winter angekommen und die Geschichte hatte begonnen.
Fotoserie: "Zeichne mir bitte eine Mauer"
Wie kamen Sie auf den Titel "Zeichne mir bitte eine Mauer?
Das ist eine Anspielung auf die bekannte Erzählung "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint Exupéry. In der Geschichte bittet der kleine Prinz den Erzähler, ein Schaf zu zeichnen. Als Kind habe ich in einem Theaterstück den pflichtbewussten Laternenanzünder gespielt, auf den der kleine Prinz im Laufe der Geschichte trifft. Mir kam vor, dass die Geschichten, die ich hier in meiner Arbeit erzähle, von Kindern auf eine leichte, kindliche Art, aber auch auf eine etwas ernsthaftere Art verstanden werden können. So wie in "Der kleine Prinz".
Wer ist das kleine Mädchen auf den Fotos?
Meine Tochter.
Glauben Sie, dass Kinder ihre Umwelt unmittelbarer wahrnehmen als Erwachsene?
Bestimmt. Man betrachtet die Welt anders, wenn man weiß, dass man sterben wird, dass eines Tages all das ein Ende hat. Ich denke, das Ticken einer Uhr hat für ein Kind eine andere Melodie als für einen alten Mann.
Was halten Sie von den Anti-Graffiti-Gesetzen?
Sie geben dieser Kunst auch einen Wert. Während
Banksys Arbeiten Rekordpreise erzielen, werden andere schonungslos entfernt. Das spiegelt einerseits die Vergänglichkeit, aber auch die große Macht von
Graffiti wider.
Neuerscheinung

Mehr darüber lesen Sie demnächst auf KURIER.at/Fotografie
Kommentare