Jesper Munk: Viel Raum für die kleinen Gefühle

Jesper Munk: Viel Raum für die kleinen Gefühle
Der 25-Jährige mutiert mit seinem neuen Album „Favourite Stranger“ vom Blues- zum Soul-Sänger.

Der Umzug von München nach Berlin, eine „depressive Episode“ und viele, viele mit Nachdenken verbrachte Stunden veranlassten Jesper Munk, sich nach dem Durchbruch mit dem Blues-Album „Claim“ von 2015 für „Favourite Stranger“ umzuorientieren.

Es war vor allem der Erfolg, der den heute 25-Jährigen in den Umbruch drängte. „Claim“ begeisterte die Kritiker und – obwohl kaum Mainstram-tauglich – auch junge Mädchen. „Ich war in der Schule unsicher und kannte diese wohlwollende Aufmerksamkeit nicht, die man hat, wenn man jeden Abend vor 1500 auf der Bühne steht“, erklärt Munk im KURIER-Interview. „Deshalb habe ich mir schon in der Schule andere Wertvorstellungen kreiert, als beliebt zu sein, und konnte dann mit dem Hype gar nicht umgehen.“

Außerdem, sagt er, sei er sich damit seiner Verantwortung bewusst geworden, was seine Sensibilität in Bezug auf die Wurzeln des Blues schärfte: „Als ich damit angefangen habe, kam das aus reiner Liebe zu dieser Musik. Aber ich denke, es braucht nicht noch einen Weißen, der sich an der afroamerikanischen Kultur bereichert. Weil der Blues seine historischen Wurzeln in der Sklaverei hat, wäre es mir unangenehm gewesen, weiterhin damit Geld zu verdienen.“

Abnabelung

Zum Soul kam Munk, weil er auch den schon immer geliebt hat. Der Sohn des Musikers Rainer Germann begann mit 15 Gitarre zu spielen, diente dann in einer Punk-Band und hörte Soul, Blues und die Sounds der Sixties.

Doch es fehlte die Zeit, aus all diesen Einflüssen einen eigenen Sound zu entwickeln: „Claim“, das er mit „mit drei Mikrofonen im Proberaum zusammengeschraubt“ hatte, machte ihn gleich nach dem Abitur bekannt. Selbstfindung war erst nach dem Hype angesagt. Munk zog nach Berlin, um sich vom Vater abzunabeln und neue Kollaborateure zu finden. „Die erste Zeit dort war schwierig und wild. Denn wenn du hedonistisch veranlagt bist. spielt diese Stadt mit dir Ping-Pong.“

So finden sich auf „Favourite Stranger“ viele Songs mit Gedanken, die man sich frühmorgens nach einer durchtanzten Club-Nacht macht. „Ich gebe kleinen Gefühlen großen Raum“, sagt Munk. „Das war mir wegen unserer schnelllebigen, abgestumpften Gesellschaft wichtig. Und ja, all diese Texte beschreiben sogenannte ,First World Problems’. Aber es sind eben genau meine Gefühle und meine Realität. Das wollte ich anerkennen. Sie sind nicht weniger real, nur weil es anderen Menschen viel, viel schlechter geht.“

Befreiend und beruhigend, sagt er, sei es, dass „Favourite Stranger“ so persönlich und genau das geworden ist, was ihm vorschwebte. „Was aber nicht heißt,“, fügt er schnell hinzu, „dass mein Sound später nicht wieder aggressiver, härter oder trauriger, und die Texte politischer werden können.“

 

INFO

Jesper Munk tritt am 11. 10 im Porgy & Bess in Wien auf

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