Jeff Lynne: Mit blutigen Fingern Rock-Klassiker geschaffen
„Es war eine ganz bewusste Entscheidung, als ich das Electric Light Orchestra 1985 aufgelöst habe“, erklärt Jeff Lynne, der als Boss der Band Klassiker wie „Roll Over Beethoven“, "Living' Thing", „Don’t Bring Me Down“ und „Can’t Get It Out of My Head“ geschrieben hatte und dafür symphonische Sounds mit Rock fusionierte. „Wir hatten zu viele Hits gehabt, waren deshalb nicht mehr cool. Was in den Charts war, wurde nicht ernst genommen.“
Weil diese Hits aber unvergessliche Melodien haben und damit Jahrzehnte lang überlebten, bekommen Lynnes Werke jetzt, nachdem er 30 Jahre lang als Produzent tätig war, endlich doch die verdiente Anerkennung. Weshalb sich der Mann mit dem Wuschelkopf wieder ganz auf die Band konzentriert und Freitag mit „From Out Of Nowhere“ das 14. Studio-Album von Jeff Lynne’s ELO veröffentlicht. Der Titel des Werkes spielt aber nicht auf die Trendwende in seiner Popularität an.
„Der kommt von dem gleichnamigen Song, der plötzlich da war“, erklärt der 71-Jährige im KURIER-Interview. „Den habe ich extrem schnell geschrieben. So wie damals den Hit ,Mr. Blue Sky’, der in sechs Minuten fertig war. Es stimmt schon, dass unser Comeback ähnlich überraschend für mich kam. Aber es hat mich auch nicht gestört, so lange nur Produzent zu sein. Denn ich liebe es, im Studio an Sounds und Songs zu basteln. Ich war in der Zeit ohne ELO auch sehr glücklich.“
Kein Wunder, denn da arbeitete Lynne „mit allen meinen Idolen“ und feierte mit ihnen große Erfolge: Für „I Won’t Back Down“, das er mit Tom Petty geschrieben hatte, wurde er in die Songwriter-Hall-Of-Fame aufgenommen. Er hat unter vielen anderen Alben wie Paul McCartneys „Flaming Pie“ und George Harrisons „Cloud Nine“ produziert und war Mitglied der Traveling Wilburys. Diese Supergroup mit Bob Dylan, George Harrison, Roy Orbison und Tom Petty entstand, weil George Harrison Lynne einmal gefragt hatte, mit welchen Musikern Lynne gern in einer Band wäre und die daraufhin zusammentrommelte.
War es für Lynne je schwer, als Produzent diesen Idolen zu sagen, was sie anders machen sollen? „Das war nie notwendig, denn meistens bin ich mit ihnen schon vorher zum Schreiben der Songs zusammengesessen, und wir haben Demos gemacht. Dadurch klingt es dann schon sehr gut, wenn man damit ins Studio geht.“
Gelernt hat der in L. A. ansässige Brite das Produzieren auf einer B&O-Stereo-Bandmaschine im Wohnzimmer seiner Eltern. „Da konnte ich rechts etwas aufnehmen, das zusammen mit einem weiteren Instrument auf den linken Kanal spielen, das zusammen mit einem weiteren auf den rechten – und so weiter, bis ich 20 Spuren hatte.“
Noch hat er diese Bandmaschine. Genauso wie die erste Gitarre, die ihm sein Vater gekauft hatte, der als Erster an Lynnes Fähigkeiten als Musiker glaubte: „Er hat sie einem Freund um zwei britische Pfund abgekauft und mir gegeben. Das war keine gute Gitarre. Sie hatte eine schlechte Saitenlage und meine Finger blutig gerissen. Sie hat mir aber trotzdem unglaublich viel Freude gebracht.“
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