Interview mit Regisseur Timm Kröger: Mehr Fragen als Antworten

Eine Person mit Rucksack blickt auf eine verschneite Berglandschaft mit Hütten.
Regisseur Timm Kröger über seinen Film „Die Theorie von Allem“, „Disney, die Star Wars-Filme, Edgar Wallace, Winnetou meinetwegen“

Von Susanne Lintl

Wie beschreibt man diesen Film? Eine „Zauberberg“-Variante über einen Physikerkongress im Jahr 1962 in den Schweizer Bergen? Ein Thriller mit unverkennbaren Anleihen bei Hitchcock? Ein psychologisches Drama?

Timm Krögers „Die Theorie von Allem“ ist, dem universellen Titel entsprechend, von allem etwas. Ein cineastisches Schwarz-Weiß-Kunstwerk voller expressiver Bilder, aber ohne kohärenten Inhalt. 

Johannes Leinert, der Protagonist, erwartet sich von seiner Reise zum Physikerkongress in der Schweiz eine bahnbrechende Enthüllung zur Quantenmechanik. Doch der Professor, der diese Enthüllung machen soll, kommt nicht, und Johannes verliebt sich stattdessen in die mysteriöse Jazzpianistin des Hotels. Diese verschwindet spurlos, dafür tauchen grimmige Männer in Ledermänteln und Hüten auf. Dazwischen verliert sich die Kamera in spektakulären Wolkenformationen und in den schaurigen Panoramen der Schweizer Berge.

Ein lächelnder Mann mit Bart und hellen Augen schaut nach oben.

Timm Kröger, deutscher Regisseur von "Die Theorie von Allem"

Irgendwann versteht man gar nichts mehr, aber jede Szene ist schön anzusehen. „Der Film ist tatsächlich schwer zu verstehen“, gibt Timm Kröger im Gespräch am Rande der Viennale zu. „Die Idee war, dass er mehr Fragen aufwirft als Antworten liefert. Ihre Frage, was geht hier vor, ist nicht nur okay. Sie ist beabsichtigt.“ „Die Theorie von Allem“ sei die Art Film, die er selbst immer schon sehen wollte. „Ich wollte nicht nur den Spagat zwischen Kunst und Unterhaltung schaffen, sondern auch eine Verschwörung zeigen, die uns zu einer ganz großen Frage führt, nämlich der nach dem Schicksal. Die können wir selber gar nicht beantworten. Und der Film natürlich auch nicht“.

Viele Einflüsse

Alles, womit der 37-jährige deutsche Filmemacher sozialisiert wurde, sei in diesem, seinem zweiten Langfilm, drinnen: „Disney, die Star Wars-Filme, Edgar Wallace, Winnetou meinetwegen. Dann noch viel deutscher Trash, Vorkriegsfilme, Luis Trenker, Leni Riefenstahl, triviale Heimatfilme, Helmut Käutner. Alles vage Echos. Und dann kommt Amerika dazu, dann kommt Hitchcock rein. Am Ende wird es noch David Lynch-ig. Also man kommt emotional auf jeden Fall an einen Ort, den man am Anfang nicht erwartet hat“.

Ein Mann blickt vor einer verschneiten Bergkulisse nach oben.

Jan Bülow in "Die Theorie von Allem"

Wie hat er seinen hervorragenden Hauptdarsteller Jan Bülow gefunden? „Oh, das war nicht leicht. Ich habe ganz lange nach diesem Archetypen, diesem passiven Helden, gesucht. Diesem halbgenialen Physiker, der genial werden soll, dem wir aber dabei zuschauen, wie er es nie wird. Jan Bülow war perfekt dafür, weil er auch so ein körperlicher Schauspieler ist. Das Tragikomische funktioniert mit ihm. Seine Figur ist ja emotional verklemmt und irgendwie unfertig, jedenfalls kein fertiger Mann“.

Mindestens genauso wichtig wie Jan Bülow war bei der Realisierung von „Die Theorie von Allem“ seine Partnerin Sandra Wollner, mit der Kröger in Berlin zusammen lebt. „Ohne sie hätte ich das nicht machen können“. Gibt es Pläne für eine gemeinsame Arbeit? „Ich will auf jeden Fall mit Sandra gemeinsam einen Film machen, früher oder später“.

Schwarzweißaufnahme von vier Männern, von denen drei an einem Tisch sitzen und einer steht im Hintergrund.

Physikerkongress in der Schweiz: "Die Theorie von Allem"

Was er als Nächstes plant? Kröger wird fast melancholisch: „Ich habe mit ,Die Theorie von Allem’ den Film gemacht, den ich immer machen wollte. Jetzt kann ich den nicht mehr machen und es stellt sich die Frage, was nun?“

Kommentare