Interview mit Chefdirigent Petr Popelka: „Sparen am falschen Ort“

"Die Fledermaus" im Theater an der Wien
Von Susanne Zobl
Immer, wenn Petr Popelka „Die Fledermaus“ spielte, dachte er, „was für ein wahnsinnig schweres Stück“. Unzählige Aufführungen von Johann Strauss’ Meisterwerk erlebte er ganz hinten im Orchestergraben am Kontrabass. Noch heute erinnert er sich an eine „Fledermaus“ ganz besonders, als Franz Welser-Möst am Pult der Sächsischen Staatskapelle Dresden stand und Jonas Kaufmann, Andreas Schager und Nikola Hillebrand sangen.
Heute ist Popelka Chefdirigent der Wiener Symphoniker und dirigiert im Theater an der Wien seine erste „Fledermaus“. Intendant und Regisseur Stefan Herheim inszeniert. „Wir nehmen uns einige Freiheiten und gehen auch auf die Geschichte des Hauses ein“, verrät Popelka.
Mit Fidelio
So werden immer wieder Zitate aus Beethovens Oper „Fidelio“ zu hören sein, die wie „Die Fledermaus“ im Theater an der Wien uraufgeführt wurde. „Man kann sich das wie eine Zeitreise vorstellen. Wir lassen die Geschichte mehr oder weniger in den Dreißigerjahren, also in der Zeit kurz vor dem sogenannten Anschluss spielen“, erklärt er. Wird er auch die Musik danach ausrichten und die Melancholie im Strauss’schen Werk besonders betonen? „Ich werde der Partitur, so wie sie Strauss geschrieben hat, treu bleiben“, stellt er klar.
Wie vielschichtig dieses Werk ist, kann man an seiner bekanntesten Melodie erkennen. „Glücklich ist, wer vergisst, was nicht mehr zu ändern ist“, etwa, könne man auf verschiedene Arten deuten. Eindeutig unerfreulich indes sind die Sparpläne, die Kulturstadträtin Kaup-Hasler im KURIER-Interview ankündigte und dabei betonte: „Ich werde die Symphoniker nicht abdrehen.“ Was empfindet er dabei, wenn überhaupt in Erwägung gezogen werden könnte, eines der zentralen Orchester „abzudrehen“?
„Ich habe bereits in meiner Dankesrede für den Musiktheaterpreis betont, dass Wien die Musikhauptstadt der Welt ist“, sagt Popelka. „Diese Entwicklung hat Jahrhunderte gebraucht. So etwas geht nicht in wenigen Tagen. Diese Bedeutung der Musik in der Gesellschaft gibt es nur in Wien. Das ist etwas Besonderes. Man ist verpflichtet, dieses Erbe an die Kinder weiterzugeben. Jeder Euro, den man in der Kultur einspart, ist sparen am falschen Ort. Ich würde das nicht sagen, wenn unsere Konzerte halb leer wären, aber sie sind ausverkauft. Ich habe das Gefühl, die Leute flüchten in die Konzerte, um der Realität wenigstens für zwei Stunden zu entkommen. Gerade in diesen Zeiten ist Kultur enorm wichtig. Wenn man nur ein Konzert streichen müsste, wäre das der Anfang vom Ende“, konstatiert Popelka.
Anfang vom Ende
Die Wiener Symphoniker blicken auf 125 Jahre zurück und sind das gesamte Jahr über in Höchstaktivität. In einem Monat führen sie mehrere Programme im Musikverein und im Konzerthaus auf, im Sommer bestreiten sie die Bregenzer Festspiele, und sie gehen auf Tourneen.
Von den drei vereinbarten Opernproduktionen im Theater an der Wien profitiert das Orchester auch künstlerisch. Denn „Oper zu spielen ist die Königsdisziplin, das verschafft eine große Flexibilität und die muss immer und immer wieder geübt werden“, führt Popelka aus.
Dass die Stadträtin das Strauss-Jahr heute finanziell geringer ausgestattet hätte, kommentiert der Dirigent so: „Dieser Komponist ist doch eine Art Symbol für Österreich im Ausland, nicht nur wegen des Neujahrskonzerts. Wenn sie in Japan Österreich sagen, wird sofort von Johann Strauss gesprochen, sein Name ist wie ein Synonym für Österreich.“
Verstärkt?
Eine pragmatische Frage zum Ende des Gesprächs: Wie geht er mit der Tonanlage im Theater an der Wien um?
Stimmt es, dass seit dem Umbau Stimmen verstärkt werden?
Ausschließlich bei gesprochenen Texten, denn „ein klassisches Orchester oder gut ausgebildete Stimmen zu verstärken, das geht gar nicht“.
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