Nicht nur den Häusern in Paris, auch den Niederlassungen der Schule in Bordeaux, Montpellier und Brüssel steht sie vor. Mit Macromedia hat Simone Strickner einen Schauspiel-Bachelor in Berlin, München und Freiburg gegründet.
In der Tat kein leichter Posten in diesen von Krisen, Krieg, drohenden Virus-Wellen und #Metoo überschatteten Zeiten. Doch für Strickner überwiege die Freude, an dieser Schule etwas gestalten zu können, versichert sie im Kurier-Gespräch. Sie war 17, als sie zum ersten Mal ihre künftige Wirkungsstätte betrat. Den Schauspielberuf erlernte sie zunächst am Innsbrucker Landestheater. Ihre hohe Affinität zur französischen Sprache führte sie immer wieder ans Institut Français der Tiroler Hauptstadt, bald wirkte sie bei dessen Schauspieltruppe mit. Als sie von einem Workshop in Paris erfuhr, ergriff sie die Gelegenheit und konnte so ihre erste Erfahrung am Cours Florent verbuchen. „Ich war fasziniert von der Möglichkeit, auf Französisch zu spielen“, blickt sie zurück. Die Arbeit mit den Klassikern, das in Alexandrinern zu sprechen, bestätigten ihr, dass es erstrebenswert sei auf Französisch zu spielen.
„Es ist spannend zu beobachten, wie sich die Stimme, die Beziehung zum Text, zu dem, was man interpretiert, verändert, wenn man die Sprache wechselt“, resümiert sie. Sie habe das selbst ausprobiert, kann zwischen fünf Sprachen, Deutsch, Französisch, Englisch, Spanisch und Italienisch changieren. „Diesen Prozess konnte ich auch später bei internationalen Projekten beobachten“, erzählt sie. Sie verlegte ihren Lebensmittelpunkt nach Paris, wirkte bei den Schauspiel-Truppen des Kulturinstituts mit, Tourneen führten sie in den Libanon, in die USA, nach Kanada, auch in China und Bangkok trat sie auf und beobachtete die verschiedenen Rezeptionen in den Ländern. Wer sich von der Strahlkraft der Schauspielerin Simone Strickner überzeugen will, kann dies zum Beispiel in einem Spot für Arte, wo sie ein Gedicht von Ernst Herbeck in einer kurzen Performance vorträgt.
2011 begann Strickner am Cours Florent zu unterrichten. Die Philosophie des Instituts, das 1967 vom Elsässer Schauspieler François Florent, mit bürgerlichem Namen François Florent Charles Eichholtzer, gegründet wurde, entspricht ihr. Als sie ans Institut kam, gab es bereits Kurse für Schauspiel auf Englisch. Sie richtete dann deutschsprachige Kurse ein. Die Weltoffenheit der Schule sei ihr sehr wichtig, betont sie. Die jungen Leute haben heute damit mehr Möglichkeiten auch in anderen Sprachen ihren Beruf auszuüben. Stolz erzählt sie von den jungen Absolventinnen und Absolventen, die in den vergangenen Jahren über Netflix und internationale Filmproduktionen bekannt geworden sind. Camille Razat in „Emily in Paris“ oder Dali Benssalah, der in „Keine Zeit zu sterben“, dem letzen „James Bond“ zu sehen war. Demnächst erreicht Benjamin Voisin mit der Balzac-Verfilmung „Illusions Perdues“ Österreichs Kinos.
Über die Jahre arbeitete sie mit Regie-Größen wie Jérôme Savary, dessen unvergessliche Raimund-Produktionen sie mitbetreute und die sie auch nach St. Pölten und nach Baden führten. Trotzdem setzte sie ihre Tätigkeit am Cours Florent kontinuierlich fort, gründete eine Sektion, die sich „Cours Florent Exécutive“ nennt und öffentliches Auftreten und Sprechen lehrt. „Es ist spannend, wie Techniken, die man im Theater lernt, auch für andere Berufe zugänglich zu machen.“
2020, ausgerechnet vor Ausbruch der Pandemie, wurde sie zur stellvertretenden Leiterin ernannt. Ein Glücksfall für die Schule, denn sie organisierte das Krisen-Management. In den strengen Pariser Lockdowns richtete sie Online-Kurse ein. Strickner weiß, was ihre jungen Talente brauchen, Betreuung auch außerhalb des Pädagogischen Betriebs. „Diese jungen Leute sind sehr sensibel“, merkt sie an. Deshalb richtete sie eine rund um die Uhr mit Psychologen besetzte Hotline ein. Die gibt es heute noch und die wird auch bleiben. Als die Schule im Vorjahr mit #Metoo-Vorwürfen konfrontiert war, richtete sie eine Stelle für Betroffene ein. „Sollte etwas vorfallen, wird sofort sanktioniert“, stellt sie klar.
Dass sich trotz Wirtschaftskrisen heute so viele für Kunst interessieren, stimmt sie optimistisch, und die Schule kann es mit dieser Leitung auch sein.
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