Spott & Ironie als Waffe
Vor Kurzem veröffentlichte die deutsche Schrifstellerin Ingrid Noll mit "Hab und Gier" eine rabenschwarze Krimikomödie. Darin macht der kinderlose Witwer Wolfram seiner ehemaligen Kollegin Karla ein Angebot: Wenn sie ihn pflegt bis zu seinem Tod, vermacht er ihr sein halbes Erbe, bringt sie ihn wunschgemäß um, sein ganzes, eine Weinheimer Villa inklusive ... Die Ruhe der Rentnerin Karla ist dahin.
Ein Gespräch, das sich nicht um das aktuelle Buch dreht.
KURIER: Was hätten Sie eigentlich gemacht, wenn der
Diogenes Verlag Ihr Manuskript damals nicht angenommen hätte?
Ingrid Noll: Ich hätte bei meinem zweitliebsten Verlag angeklopft.
Mussten Sie lange auf Antwort warten?
Etwa zehn Tage.
Braucht man einen gewissen Größenwahn, um davon überzeugt zu sein, auch andere sollten lesen, was man geschrieben hat?
Nicht nur Größenwahn, sondern auch die Überwindung einer persönlichen Schamgrenze. Allerdings hatte ich mein erstes Manuskript bereits der Familie und den besten Freundinnen zur Beurteilung überlassen. Ohne ihre Ermutigung läge mein Roman immer noch in der Schublade.
Bereuen Sie es manchmal, dass Sie erst so spät angefangen haben Romane zu schreiben?
Nein, denn Lebenserfahrung und Menschenkenntnis hätte ich nie im Elfenbeinturm eines Arbeitszimmers erwerben können.
Der Erfolg mag daran liegen, dass ich meinen friedlichen Leserinnen nicht unähnlich bin, die den Dolch im Gewande haben (ihn jedoch dort stecken lassen). – Im Übrigen glaube ich, dass mich der Erfolg nicht wesentlich verändert hat, weil ich mit 55 Jahren mehr oder weniger erwachsen war.
Ist es schwer Erfolg zu reproduzieren?
Mir war immer klar, dass nicht jedes meiner Bücher den gleichen Erfolg haben wird. Aber es hat sich gezeigt, dass alle relativ gut ankamen. Natürlich geht mir Lob wie Öl herunter, aber inzwischen kann ich auch mit Kritik einigermaßen gelassen umgehen.
Der
Diogenes Verlag verleiht für eine Million verkaufte Bücher eine goldene Eule. Wie viele von diesen Tierchen haben Sie bereits?
Ein silbernes und ein goldenes…
Wie wäre es in einem Ihrer nächsten Bücher mal mit einem Mord in der schönen, heilen Welt des Schlagers?
Keine schlechte Idee, aber mir fehlt das Insiderwissen.
Wen würden Sie zuweilen selber gerne mal ins Jenseits befördern?
Diese Frage werde ich auf keinen Fall beantworten. Soll mir die Polizei etwa sofort auf die Schliche kommen?
Eigentlich lese ich die meisten Bücher ganz artig vom ersten bis zum letzten Satz. – Viele liebe Kollegen schicken mir ihr neuestes Buch, und ich verfahre ebenso. Wir loben uns natürlich gegenseitig, das tut unheimlich gut.
Können Sie, außer in Ihren Büchern, so richtig fies und gemein sein? Wie halten Sie es privat mit der Rache?
In unseren heiligen Hallen kennt man die Rache nicht. Privat bevorzuge ich
Spott &
Ironie als Waffe. Wenn man mich allerdings tief gekränkt hat, bin ich sehr nachtragend und greife noch nach vielen Jahren zu meiner spitzesten Feder.
Leider galt ich lange als allzu braves Schaf. Meine drei Geschwister waren sehr erfolgreich im Beruf, während ich die Hausfrau mit den drei Kindern war.
Info: Ingrid Noll: "Hab und Gier" (auch als Hörbuch zu bekommen) Diogenes Verlag Zürich.
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