In Nell Zinks Roman "Virginia" bedeuten Namen überhaupt nichts

In Nell Zinks Roman "Virginia" bedeuten Namen überhaupt nichts
Der Vater ist schwul, die Mutter lesbisch – die Maskerade kann beginnen.

„Wenn ich mir etwas vornehme, kommt bestimmt etwas anderes dabei heraus“, hat Nell Zink - Foto oben - in einem Interview gesagt.
Die Kalifornierin lebt  seit Jahren im deutschen Bad Belzig, dem Rückzugsgebiet auch der Großtrappe. Mit den lockeren, schrägen Romanen „Der Mauerläufer“ (2016) und „Nikotin“ (2018)  löste sie Beifallsstürme aus.
 „Virginia“ wurde in den USA dazwischen veröffentlicht. Im Original heißt der Roman „Mislaid“ – verlegt, an den falschen Platz gelegt.
.„Virginia“ ist deutlicher, dort wurde Nell Zink geboren, dort war sie in der Universität ... und dort geht Mitte der 1960er-Jahre auch Peggy auf die Uni, sie ist lesbisch, und Professor Lee unterrichtet hier, er will sie nicht in seinen Schreibworkshop lassen, weil sie zuerst gefälligst seine Literaturvorlesungen besuchen soll.
Lee ist schwul.

Missis Brown

Und schau dir was an, die beiden haben Sex miteinander, sogar sehr guten und oftmaligen, beginnend in einem Kanu, und daraus entsteht ein Kind, ein Bub.
Man heiratet. Und dann kommt noch ein Kind, diesmal ist es ein Mädchen.
Das hat etwas Unechtes, Komödiantisches. Das soll es bei Nell Zink auch haben.
Aber hören wir weiter: Eines Tages schnappt Peggy ihre Tochter, der Bub will nicht mit ihr fort, und taucht unter. Damit sie niemand findet, taucht sie in die Armut, nennt sie sich  Missis Brown und  behauptet, Afroamerikanerin zu sein. In Virginia ging das angeblich. Peggys Tochter ist blond, aber es gibt ja auch Schwarze mit roten Haaren und grünblauen Augen. Prompt schimpfen depperte Mitschüler das Mädchen: „Nigger!“
Alles Maskerade. Namen bedeuten: nichts. Die Hautfarbe bedeutet:  nichts. Wie der Roman dann weitergeht, wie alle älter werden, zehn Jahre, 20, welche Spiele sie spielen: Das bedeutet dann auch nicht mehr gar so viel. Der Anfang ist das Beste.
Gut ist und bleibt, wie die Sympathien beim Lesen hin und her gerissen werden. Das ändert sich so schnell, dass man jemanden schätzt und missachtet und ...

Nell Zink:
Virginia
Übersetzt von
Michael Kellner.
Rowohlt Verlag.
384 Seiten.
22,70 Euro.

KURIER-Wertung: *** und ein halber Stern

 

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