Der Countrysänger Hank Williams brachte das Thema in seinem „Lovesick Blues“ in prägnante zwei Verse: „I’m in love, I’m in love with a beautiful girl / But she don’t care about me.“
Francesco Petrarca, quasi der Hank Williams der Frührenaissance, kam nicht ganz so schnell auf den Punkt. 366 Gedichte umfasst sein Lebenswerk „Canzoniere“, das um die unerwiderte Liebe zu jener mysteriösen Laura kreist, die der Dichter bei einem Kirchgang im Jahr 1327 erblickt haben will. Ob Laura eine reale Person war oder nicht, ist Gegenstand vieler Abhandlungen. Doch es ist die Idee der durch eine kurze Begegnung ausgelösten, feurigen und zugleich hoffnungslosen Liebe, die die Jahrhunderte überdauert hat.
In der Sonderschau „In Love With Laura“ im Kunsthistorischen Museum (KHM, bis 14. 10.) wird die Magie dieses Moments fassbar: Es ist eine Ausstellung wie ein guter Popsong, in dem wenig viel bewirkt. Statt drei Akkorden tragen drei exquisite Objekte das Erlebnis: Marmorbüsten des Bildhauers Francesco Laurana (um 1420 – 1502), die allesamt weibliche Schönheiten mit leicht gesenktem Blick darstellen.
Das KHM besitzt die einzige von neun bekannten Büsten, auf denen sich die farbige Bemalung („Fassung“) weitgehend erhalten hat. Zwei weitere Laurana-Büsten wurden ihm von der New Yorker Frick Collection geliehen. Bei einer Skulptur identifiziert ein Namensschild die Dargestellte als Beatrice von Aragon, ab 1476 Königin von Ungarn und Böhmen. Bei der zweiten New Yorker Büste bleibt ein Schild leer, jene aus dem KHM hat erst gar keines.
Aber sind diese Kunstwerke nicht ohnehin zuallererst als Projektionsflächen individueller Sehnsüchte gedacht? Die konzentrierte Begegnung, die die Präsentation ermöglicht, stellt jedenfalls die Wirkungskraft dieser rund 550 Jahre alten Marmorbüsten hervor. Dass sich die Künste damals intensiv im Wettstreit untereinander sahen, bildet zweifellos einen Hintergrund: Kann ein derart heftiger Liebestaumel, wie ihn Petrarca beschrieb, auch durch Stein ausgelöst werden? Ist eine Skulptur mächtiger als ein Gedicht oder ein Gemälde? Alle, der Dichter Petrarca wie der Bildhauer Laurana, wollten Lorbeer (lateinisch „Laurus“) ernten.
Scheue Schönheit
Es ist jedenfalls bezaubernd zu sehen, wie Laurana, der als Wanderkünstler tätig war, die scheue Schönheit in Stein zu fassen vermochte: Mit leicht zur Seite geneigtem Kopf brachte er eine kleine Disharmonie in die ansonsten idealisierten Züge der Frauenfiguren, so als hätten sie tatsächlich gerade den Blick abgewandt. Mit höchster Sensibilität arbeitete er Details der Haare und des Gewands hervor, sprach auch ohne die Notwendigkeit zur Berührung den Tastsinn an.
Das Trio im KHM wirft also nichts weniger als die Frage auf, was Kunst auszulösen vermag; ein „Laura“-Bild des großen Giorgione flankiert die Skulpturen und stellt dieselbe Frage fürs Medium Malerei. Der Rest der Ausstellung reißt den Kult, der im 19. Jahrhundert um Lauranas Büsten entstand und Kopien in viele Salons brachte, oberflächlich an. Insgesamt zeigt die Schau, dass auch kleine, exquisite Leihgaben viel bewegen können. MICHAEL HUBER
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