ImpulsTanz: Tanz mit Spitzenschuh und Krücken

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Die kanadische Choreografin Marie Chouinard und ihre Zugänge zu Bach.

Von Silvia Kargl

Die kanadische Choreografin Marie Chouinard zählt seit mehr als drei Jahrzehnten zu den radikalsten Choreografinnen in Hinblick auf Körperbilder und sorgt mit ihrer Erweiterung oder Einschränkung des Körpers mit Requisiten für Aufsehen.

Ihre jüngsten Stücke „Magnificat“ und „BodyremixRemix“ zeigen bei ImPulsTanz im Volkstheater auch unterschiedliche Zugänge zur Musik von Johann Sebastian Bach.

Wie Heiligenscheine

In „Magnificat“ bringen zu einer Einspielung von Bachs auf lateinischen Texten beruhender Komposition 13 Tänzerinnen und Tänzer die Freude der schwangeren heiligen Maria auf die Bühne. Mit Kopfbedeckungen, die wie Heiligenscheine aussehen, kreierte Chouinard erneut ein Stück, in dem Frauen und Männer choreografisch gleichgestellt sind. Auch die Männer treten gelegentlich in Spitzenschuhen auf. Dennoch wirken die männlichen Madonnenfiguren nie komisch, alle vermitteln Lebensfreude und Optimismus im Tanz. Von Darstellungen der bildenden Kunst inspiriert, mit Gesten wie nach oben gerichteten Handflächen, Zitaten aus dem Vokabular von Modern Dance und Ballett ist Chouinard ein sinnliches Madonnenbild gelungen.

Das folgende „BodyremixRemix“ ist zu einer Collage aus Louis Duforts „Variations on Variations“ und Glenn Goulds Einspielung von Bachs „Goldberg-Variationen“ ein Stück mit Höhepunkten aus Chouinards Œuvre. Spitzenschuhe, die auch auf Händen oder nur einem Fuß getragen werden, Rollatoren, Stangen und Krücken verlängern die Extremitäten und eröffnen neue Sichtweisen. Der Körper kann als Kontrast dazu in einem Leder-Panzer auch eingeschränkt sein. Selbst im Remix hat Chouinard neue Ideen. Die Tänzerin, die sich durch eine auf fünf Stangen erweiterte Ballett-Barre bewegt, symbolisiert eine Note in der Partitur: Der Kontrast von Konstruktion und Dekonstruktion bleibt ein Markenzeichen von Marie Chouinard.

KURIER-Wertung: 4 von 5 Sternen