Im Zeichen des Stierschädels: Kommentare zur Gegenwart beim "Salzburger Stier"

Auf der Bühne am Wochenende im Posthof in Linz: ein Stierschädel mit Brille. Das neue Logo des „Salzburger Stier“, des renommiertesten Kleinkunstpreises im deutschen Sprachraum. Zum Auftakt der 42. Ausgabe führte der Meister vor, wie hoch die Latte in diesem Genre liegen kann:
Josef Hader forderte die Gäste von Ö1 aus Deutschland und der Schweiz zum Teil auch sprachlich mit einem grandiosen Parforceritt durch sein „Hader on Ice“-Solo.
„Ich dachte, es wird lustiger“, sagt später eine Besucherin aus Kärnten. Aber intensiv, dicht und anspruchsvoll ist Haders Ausflug in die geistige Provinz, ins Ungustl-Dasein eines Aussteigers im Waldviertel, in die Wiener Unfreundlichkeit, zum Weltkulturerbestatus hätte.
Da war der Duo-Part mit Otto Lechner am Akkordeon mit viel G’fühl, einer Prise „Dark Side of The Moon“ und auch hier einem Rutsch ins Sentimentale die ideale Ergänzung einer Sternstunde.

Polit-Satire
Neben der österreichischen Preisträgerin Malarina mit einem „Best of“ ihres Bühnenerstlings „Serben sterben langsam“ zeigte sich der Ex-Kindergärtner, Komiker und Punk Dominic Deville, weltbekannt in der Schweiz, bestens informiert über unsere innenpolitische Bierzeltfraktion: Dass Herbert Kickl in Reden betont, „gegen linkslinken Firlefanz und Travestieshows“ zu sein.
„Der hat doch ein Gesicht wie von Manfred Deix gezeichnet“, so Deville. Jüngst habe sich Kickl zum „Volkskanzler“ ausgerufen. Der Satiriker an die Österreicher: „Aber weil ihr einen Teenager als Kanzler hattet, muss es doch jetzt kein Kobold sein.“
Deville kann charmant-freche Comedy. Er kann auch böse sein, diabolisch Märchen mit einem Schuss Horror und viel Witz erzählen. Schließlich heißt er Deville, was oft mit „Teufel“ übersetzt wird.
Die gehörnte Trophäe für Deutschland erhielt der gebürtige Würzburger mit Wahlheimat Leipzig Mathias Tretter. Sein Interesse liegt bei den Verwerfungen des Internet-, Handy- und Socialmedia-Zeitalters:
Hypermoraler Zeitgeist
Die verdummende Kraft des Internets ist ebenso sein Thema wie der demokratiegefährdende Effekt des digitalen Zeitalters, in dem das Netz und die sozialen Medien als Empörungsmaschinen wirken, die die Debattenkultur und das gesellschaftliche Klima vergiften.
Und die selbst ernannten Bewacher der Moral nerven. Wer heute nicht „woke“ sei, laufe Gefahr, in (a)sozialen Netzwerken abgestraft zu werden von Tausenden Moralaposteln. Tretter wendet sich auch gegen „starke Tendenzen, alles vereindeutigen zu wollen. Nur: So funktioniert das Leben nicht.“ Und beklagt „Überall Gerede von Geschlecht. Aber kaum noch Sex“. Auch das, weil wahr: ein Lacher. Werner RosenbergerÖ1 sendet Porträts der Preisträger am 2. 7. (Malarina), am 9. 7. (Dominic Deville) und am 16. 7. (Mathias Tretter) in „Contra“ (jeweils 19.05 Uhr)
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