Hotzenplotz wird gar nicht auf den Mond geschossen

Hotzenplotz wird gar nicht auf den Mond geschossen
Das vierte Buch, fünf Jahre nach Otfried Preußlers Tod, ist wenig sensationell.

Will man jemanden auf den Mond schießen, z.B. weil es immer weniger Banken mit Kassa in der Umgebung gibt und ein Generaldirektor im Fernsehen erklärt, die Kunden wollen das so ..., dann braucht man:
Leere Kartons, einen Topf Klebstoff und silberfarbenes Klebeband.
Kasperl und Seppel basteln bereits. Mit schwarzer Farbe  wird auf den Pappendeckel gepinselt: MONDRAKETE.

Der Räuber Hotzenplotz soll auf den Mond geschossen werden. Er hat vor 56 Jahren Kasperls Großmutter die Kaffeemühle weggenommen. Eine technische Errungenschaft, die mahlen und die Melodie „Alles neu macht der Mai“ spielen konnte.
Weil Kinderbuchautor Otfried Preußler am Ende dieser Geschichte darauf vergessen hatte, den Wasti, der versehentlich zu einem Krokodil wurde, in einen Hund zurückzuverwandeln, musste er ein zweites Hotzenplotz-Buch schreiben.
Die Kinder, denen 1962 recht wenig geboten wurde, verlangten nach dem Großmaul mit den sieben Messern. Sehr böse war der Kerl nicht.
Neues von Hotzenplotz erschien 1969, dann noch der dritte Band  1973. Danach Schluss.
Preußlers damals kleine Tochter stand vor den Buchregalen (erzählte sie  dem KURIER) und lachte über die Namen: In 34 Sprachen war Hotzenplotz übersetzt worden, in der Türkei hieß er Haydut Haytazot, in China Dadao Huochenbuluci ...
Dass jetzt, fünf Jahre nach Otfried Preußers Tod,  Hotzenplotz Nr. 4 in den Buchhandlungen liegt,   hat mit dem Ordner  „Ideen und Fragmente“ zu tun. Nachlassverwalterin Susanne Preußler-Bitsch durchsuchte ihn und fand ein Kasperltheaterstück ... ohne Vermerk, dass es irgendwann bereits veröffentlicht wurde. Vater, der sehr akribisch war, konnte bei seinen insgesamt 32 Büchern (weltweite Auflage: 50 Millionen) ja selbst etwas durcheinanderkommen.
Nicht unbekanntSie schrieb es daraufhin in eine Erzählung um, in der der Räuber leider als Trottel dasteht – und der Thienemann Verlag  verlautbarte Anfang Mai den „Sensationsfund“. Alle  Medien brachten freilich die gute Nachricht vom „Schatz“.
Danach wurde bekannt: Das Stück vom Mond ist nicht ganz so unbekannt, es war erstmals in „Das große
Reader's Digest Jugendbuch 10“ aus dem Jahre 1969 abgedruckt worden; und sogar der Thienemann Verlag selbst entdeckte schließlich im Archiv den Text im eigenen Büchlein „Puppenspiele 9“.
Peinlich zwar. Aber den sechs-, sieben-, achtjährigen Leserinnen und Lesern  kann’s egal sein (überhaupt, wenn sie lieber mit dem Handy spielen).
Hotzenplotz fliegt übrigens nicht zum Mond. Das funktioniert nämlich nicht mit Kartons, Klebstoff, Klebeband.
Hotzenplotz kommt ins Gefängnis. Wegen der alten G’schichte mit der Kaffeemühle.  Solche Gewaltdelikte verjähren nie. Soll niemand sagen, die Strafen gehören verschärft.

 

Otfried
Preußler:
„Der Räuber Hotzenplotz und die Mondrakete“
Illustriert von F.J.Tipp, Thorsten Saleina.
Thienemann
Verlag. 64 Seiten. 12,40 Euro.

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