Henry Rollins: "Ich hoffe, Biden ist der Letzte seiner Art“

Henry Rollins ist wohl ziemlich genau das, was der Humanismus derzeit braucht: Ein muskelbepackter, zorniger Kämpfer – mit Worten. Und zwar ein Kämpfer für Weltoffenheit, gegen Vorurteile (auch gegenüber Amerikanern), dafür für ideologische Entspanntheit, auch wenn die mentale Anspannung groß ist.
Rollins, der mit der zornigen Hardcore-Band Black Flag bekannt wurde (bei den Konzerten ging es ordentlich zu), redet sich bei seinen Auftritten hochtourig mit Witz und Weisheit die Anspannung und den Zorn vom Leib (beides ist ihm dabei permanent anzusehen).
Den Zorn darüber, wie die Welt funktioniert, aber nicht funktionieren sollte.
Am Donnerstag (9. 2.) tritt Henry Rollins mit einem Spoken-Word-Abend (auf Englisch) im Gartenbaukino in Wien auf, am Freitag im Orpheum in Graz
Der Künstler
Henry Rollins wurde mit der Hardcore-Punkband Black Flag bekannt (die Auftritte waren wüst). Später wurde er Musikverleger, Schauspieler, Synchronsprecher, Autor, Aktivist, Online-Journalist, Videospielfigur, Reisender – und Spoken-Word-Künstler
Darüber, dass Menschen einander abknallen, aber wenn man sich bei Tee und Gesprächen auf Reisen trifft, die Menschen überall erstens leiwand und zweitens voll der gleichen Sorgen sind.
Über Krieg und Politik und Armut.
Die Auftritte sind ein besonderes Erlebnis, eine Katharsis für von der Realität gebeutelte Humanisten. Rollins steht für jene Offenheit ein, die unter Druck geraten ist. Auf irgendwie erfreuliche Art ist Widerspruch hiergegen keine gute Idee.
„Kein Gelehrter“
„Ich bin kein Lehrer oder Gelehrter oder der Hüter unendlicher Weisheiten“, sagt Rollins zum KURIER. „Aber vielleicht kann ich dem Publikum eine neue Perspektive geben, auch wenn es vielleicht etwas ist, dem sie nicht zustimmen.“
Wie etwa seiner Sicht auf Trump, die in vielen Teilen der USA wohl nicht mehrheitsfähig ist: „Die Trump-Jahre waren traurig“, sagt Rollins. „Ich wusste, dass es in den USA Rassisten, Homophobe und Frauenfeindlichkeit gibt. Aber ich wusste nicht, dass es so viele sind.“ Trump habe ihn „auf eigenartige Weise zu einem besseren Menschen“ gemacht: „Er zeigte mir, dass es in den USA noch viel Arbeit gibt und dass da draußen einige sehr intellektuell unterbediente Bürger der Republik sind. Zum Glück tragen sie diese komischen Hüte, das macht es leicht, sie zu meiden.“
Rollins hofft auch, dass Joe Biden „der letzte seiner Art als Präsident“ ist, so lange Rollins lebt, nämlich der letzte „uralte weiße Mann. Ich bin wirklich bereit für etwas anderes. Ich bin sicher, er meint es gut, aber es ist ein harter Job und man braucht einige Jugend dafür.“

Verzweiflung
Rollins fürchtet, dass aus den USA „weitere schlimme Schlagzeilen“ kommen werden. Die Teuerung habe „katastrophale Auswirkungen“ auf die untere Mittelschicht und die Armen. „Verzweifelte Menschen können für sich und für andere gefährlich sein.“ Die zwei großen US-Parteien seien jedoch „entweder nicht seriös“ darin, diese Probleme zu bekämpfen, oder „entschlossen, dass diese Probleme weitergehen.“
Trauer und Zorn
Rollins „verachtet Grausamkeit. Die ist fast vollständig vermeidbar. Es würde gar nicht viel brauchen, damit alles viel besser wäre.“
Seine Emotionen jedenfalls sind im Moment von „Trauer und Zorn“ bestimmt: „Zorn auf einen Typen wie Putin. Diesen unglaublich unnötigen Akt der Zerstörung und des Horrors. Ein Typ, ein wässriger Sack Fleisch hat all das gestartet.“
Und Traurigkeit für die jungen Menschen, „die durch die Dummheit älterer Menschen demoralisiert oder auf andere Art geschädigt werden. Es kann sehr schwierig sein für jemanden, der ein Bewusstsein für richtig und falsch hat.“
Eines dieser Generationenthemen ist der Klimawandel. Rollins findet es „schade, dass die Menschheit beschlossen hat, den Planeten nicht zu retten. Aber es schaut ganz danach aus, dass es so ist.“
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