Harlan Coben, der Binge-Garant von Netflix

Eine Frau kniet neben einem blutüberströmten Mann auf der Straße und schreit.
Der US-Krimi-Autor ist mit so vielen Bücherverfilmungen auf Netflix vertreten wie kein anderer. Denn die Seher lieben schnelle Serienkost, und dafür eignen sich Coben-Romane ausgezeichnet.

Auch nicht so oft, dass jemand seine Absichten im Kultur- oder eigentlich eher Showbusiness so offen darlegt: „Ich will die Leute unterhalten. Ich will, dass ihr dieses Zeug binged, in einem Rutsch anschaut! Diese Serie soll man nicht innerhalb einer Woche ansehen. Wenn man’s nicht in zwei Tagen geschafft hat, dann bin ich eigentlich ein bisschen sauer.“ Das sagt Thrillerautor Harlan Coben.

Muss man den kennen, werden sich jetzt einige fragen. Nein, eigentlich nicht. Aber als Netflix-Seher wird man ziemlich sicher schon einmal seinem Oeuvre begegnet sein.

Derzeit ist in den Österreich-Charts des Streaming-Anbieters die Serie „In ewiger Schuld“ auf dem ersten Platz. Und zwar deswegen, weil bei ihr die eingangs erwähnte Ansage funktioniert: Diese Krimiserie um eine Frau, die ihren Mann für tot hält – unter anderem, weil sie dabei war, als er erschossen wurde – und ihn plötzlich auf einem Überwachungsvideo wiedersieht, eignet sich ausgesprochen gut zum Sehr-Schnell-Durchschauen.

Ein Buch pro Jahr

„In ewiger Schuld“ ist eine Adaption von einem von Harlan Cobens Büchern. Davon gibt es ziemlich viele, immerhin schreibt er mindestens eines pro Jahr. Über 30 Romane hat der 62-Jährige veröffentlicht. Es gibt mittlerweile eine ganze Menge davon als Serien auf Netflix. Das liegt daran, dass der US-Autor 2018 einen Exklusivvertrag über 14 Serien mit dem Streamer abgeschlossen hat.

Zuvor hatte die Thriller-Verfilmung „Safe“, in der „Dexter“ Michael C. Hall als Witwer seine Tochter sucht, und die schon damals mit dem hierzulande nicht so besonders bekannten Namen des Autors Coben warb, nachhaltige Erfolge auf der Plattform eingefahren.

Stanley Tucci auf dem 62. Festival de Télévision de Monte-Carlo.

Globales Netzwerk

„In ewiger Schuld“ ist jetzt die siebte Serie aus dem Deal. Der gilt für das ganze globale Netzwerk von Netflix: drei Produktionen stammen aus Großbritannien, zwei aus Polen, eine aus Spanien und eine aus Frankreich. Noch heuer wird sich eine Verfilmung aus Argentinien dazugesellen.

„Schreiben ist keine Zauberei“, sagt Coben, der ein gut funktionierendes Modell des Pageturners für sich eingeführt hat. „Ich schreibe nichts, was langsam ist, nichts, was Zeit braucht, um sich erst aufzubauen. Wenn man so will, ist das mein Geheimnis, meine Trademark.“ Daher ähneln sich die Serien alle ein wenig: Meist geht es um ein dunkles Geheimnis aus der Vergangenheit, es gibt ein gerüttelt Maß an mehr oder weniger glaubwürdigen Wendungen, gern spielt das ganze auch in obszön privilegierten Kreisen mit lächerlich großen Anwesen. Das Ganze ist spannend aufbereitet, das Ende ist freilich mitunter etwas leicht gemacht bis dämlich. Aber, und das mag der Krimi-Binger: Es lässt keine Fragen unbeantwortet, alle Fäden werden aufgenommen.

Bekannte Gaststars

Eine Kuriosität der UK-Produktionen: Jedes Mal spielt Schauspieler Richard Armitage in unterschiedlichen Fiesheitskategorien mit. Außerdem ist oft ein Gaststar aus einem unerwarteten Genre mit dabei: Etwa Comedian Eddie Izzard als dubioser Anwalt in „Wer einmal lügt“ und nun Joanna Lumley, einst wodkagetränkte Patsy Stone in „Absolutely Fabulous“, als Dynastiematriarchin in „In ewiger Schuld“.

Mehrfach exklusiv

Der aufmerksame Streamingkunde wird nun sagen: Ja, Moment, wieso exklusiv, da gibt es doch auch auf Amazon Prime eine Harlan-Coben-Serie, „Shelter“? In der Tat, die ist nämlich Teil eines anderen Exklusivvertrags, den der geschäftstüchtige Autor mit diesem Unterhaltungsgiganten abgeschlossen hat. Er umfasst die Bücher einer Reihe über den jugendlichen Ermittler Mickey Bolitar. Der wiederum ist der Neffe jenes Ermittlers, mit dem Coben seine Karriere gestartet hat: Myron Bolitar, ein ehemaliger Baseballstar, der als Sportagent Fälle unter den Reichen und Schönen löst. Die Rechte dieser Reihe hat Coben wiederum exklusiv an Netflix verkauft. Das hat zur Folge, dass in der Amazon-Serie der berühmte Onkel nicht vorkommen darf und eine bisher unbekannte Tante erfunden wurde. Die erfreute sich aber keines langen Lebens: „Shelter“ wurde von Amazon bereits wieder eingestellt.

Kommentare