Christian Berger: „Nicht jeder, der ein Handy hat, ist ein Kameramann“

Christian Berger: „Nicht jeder, der ein Handy hat, ist ein Kameramann“
Haneke-Kameramann Christian Berger über technische Möglichkeiten und den Umgang mit Licht. Von Gabriele Flossmann.

Er arbeitete unter anderem mit Michael Haneke („Happy End“) und Angelina Jolie („By the Sea“), für die Kameraführung zu „Das weiße Band“ wurde der Österreicher 2010 für einen Oscar nominiert. Christian Bergers Markenzeichen: Statt eine Unzahl von Schweinwerfern aufzustellen, setzt er auf Reflektoren, die natürliche und künstliche Lichtstrahlen dorthin lenken, wo sie gerade gebraucht werden.

KURIER: Man könnte die von Ihnen entwickelte Beleuchtungstechnik auch so deuten, dass Sie die Schauspieler der Möglichkeit berauben, ins Scheinwerfer-Licht zu treten. Wurde Ihnen das auch schon einmal übel genommen?

Christian Berger: Von Schauspielern habe ich das bisher noch nicht erlebt, eher von Regisseuren, wenn sie eine Szene über die Künstlichkeit eines Scheinwerferlichts interpretieren wollen. Wenn das jemand von mir verlangt, kann ich es natürlich auch machen. Es ist ja nicht so, dass ich die Tradition der Filmbeleuchtung ablehne.

Christian Berger: „Nicht jeder, der ein Handy hat, ist ein Kameramann“

Sie wurden für Michael Hanekes „Happy End“ mit der Akademie-ROMY als bester Kino-Kameramann ausgezeichnet. Teile des Films wurden mit einer Handy-Kamera gedreht. Wie stehen Sie dazu?

Mir war es dabei wichtig, dass diese Szenen tatsächlich mit einem Handy gedreht wurden – und nicht mit einer professionellen Kamera, deren Bilder dann in der Nachbearbeitung künstlich etwas „grindiger“ gestaltet werden. Man soll sich vor den neuen technischen Möglichkeiten nicht verschließen! Es ist tatsächlich so, dass man mit den heutigen Handy-Kameras ganze Filme drehen könnte, aber das heißt nicht, dass jeder, der so ein Ding in der Hand hat, gleich ein Kameramann ist. Diese Diskussion kommt mir so vor wie die Ansicht im vorvorigen Jahrhundert, dass die Fotografie die Malerei überflüssig machen würde. Damals war auch nicht jeder, der einen Pinsel in der Hand hatte, ein Künstler.

Wie sind Sie auf „Ihr Licht“, wenn man das so bezeichnen darf, gekommen?

Ich war immer schon von der Schönheit und vom Reichtum des natürlichen Lichts fasziniert und war daher nie zufrieden mit dem, was ich künstlich erzeugen konnte. Dahinter steckt eine ganz einfache Natur-Beobachtung – nämlich die, dass unsere Augen daran gewöhnt sind, alles im Lichte der Sonne zu sehen – in einer Landschaft genauso wie in Innenräumen. Wir kennen den Wechsel der Licht- und Schattenbildung je nach Höhe des Sonnenstandes und wir wissen, dass das sogenannte „Tageslicht“ von allen möglichen Flächen reflektiert wird und dabei die Farben der Reflektoren durchschimmern. Ähnliche Effekte kann man auch mit künstlichem Licht erzeugen. Gemeinsam mit der Beleuchtungsfirma Bartenbach habe ich aus speziellen Materialien Reflektoren entwickelt, mithilfe derer man die gewünschten Effekte am besten erzielen kann.

War Ihre spezielle Beleuchtungstechnik auch für die Hollywood-Legende Terence Malick der Grund, mit Ihnen gemeinsam einen Werbespot zu drehen? Oder wollte er den Kameramann von Michael Haneke einmal für sich „ausprobieren“?

Nein, weder noch. Es war Angelina Jolie, die noch einmal mit mir drehen wollte – und sie hatte sich auch Terence Malick als Regisseur gewünscht. Bei unserem ersten Gespräch habe ich Terence Malick gesagt, dass ich eigentlich keine Werbespots drehen will. Er meinte darauf, er hätte auch noch nie Werbung gemacht und dass der Auftraggeber (Guerlain, Anm.) ganz dezidiert nur Leute engagieren wollte, die noch nie für die Werbebranche gearbeitet haben. Das war ganz einfach eine glückhafte Konstellation und wir sind alle gemeinsam in dieses – gar nicht so kalte – Wasser gesprungen (lacht).

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