Grafenegg-Finale: Feinsinnige, aber auch expressive Klänge

Man kann Rudolf Buchbinder wegen seiner Kondition nur bewundern: Denn trotz seiner 75 Jahre spielte der Ausnahmepianist zum Finale des Grafenegg Festivals in nur vier Tagen gleich drei unterschiedliche Klavierkonzerte, und zwar solche, die einem Pianisten alles abverlangen. Nach jenem von Edvard Grieg erklang am Wochenende das „Klavierkonzert in G-Dur“ von Maurice Ravel im Wolkenturm. Der Festspielintendant vermochte dieses mit hoch inspirierter Sensibilität, Eleganz und Virtuosität hinzuzaubern. Wunderbar kamen dabei der spielerisch virtuose Charakter, die jazzigen und spanisch folkloristischen Elemente in den Ecksätzen und im Adagio die ruhig dahinfließende Melodie inklusive des herrlichen Zwiegesanges mit den bestens disponierten Wiener Philharmonikern unter Esa-Pekka Salonen zur Geltung. Zuvor konnte von den Musikern auch der gelöste, fast heitere Tonfall von Ravels Suite „Le Tombeau de Couperin“ herausgeformt werden. Den Reiz der zweiten Symphonie von Jean Sibelius mit seiner hintergründigen Schönheit an Naturstimmungen und seiner eigenen Harmonik konnte der finnische Dirigent zum Schluss ideal herausarbeiten. So wurden die pastoralen Stimmungen, das klanglich eingedunkelte Andante, das stürmische Scherzo sowie das monumentale Finale von den Musikern mit Raffinement und Spannung dargeboten.
Und tags darauf hörte man tatsächlich „ein Klavier, das auf das Feinste mit dem Orchester verwebt ist“, genauso wie es laut Clara Schumann, der Uraufführungspianistin, sein sollte, denn Buchbinder schaffte dieses Kunststück mühelos. Bei Robert Schumanns einzigem Klavierkonzert, war neben enormen Feinheiten und Ausdruckstiefen auch wieder seine phänomenale Technik zu erleben. Auch Lorenzo Viotti am Pult des Tonkünstler Orchesters zeigte diese „Verwobenheit“, wobei sich jedoch bei den Musikern fallweise Unsauberkeiten bei den Einsätzen einschlichen.

Der Wolkenturm in Grafenegg.
Klangteppich
Ungemein fein schwebend ertönte dann aus dem Nichts heraus ein Klangteppich, immer wieder unterbrochen von Naturlauten. Grotesk erklang der volkstümliche Ländler, besonders düster der Trauermarsch, monumental die Schlussapotheose: Die Musiker unter dem energiegeladenen Dirigenten wussten bei Gustav Mahlers erster Symphonie im Wolkenturm mit Spielfreude und Nuancen das Publikum zu begeistern.
Rund 150 Musiker aus fünf Blasmusikkapellen wirkten schon am Vormittag bei der Uraufführung der „Parkmusik für Grafenegg“ des diesjährigen, auch anwesenden „Composer in Residence“ Georg Friedrich Haas mit. An elf verschiedenen Positionen im weitläufigen Schlosspark zerstreut, zuerst nach Instrumentengruppen aufgeteilt, die die Besucher nach Belieben erwandern und hören konnten. So ergaben sich für jeden individuell unterschiedlichste Klangerlebnisse.
Schließlich vereinigten sich alle neben dem Wolkenturm zu einem großen Ganzen, wo sie zeitlich mit Hilfe von Farbtafeln und einer Stoppuhr getaktet von Adi Obendrauf dirigiert wurden. Zu hören war ein durchaus reizvolles Klanggemälde, immer wieder von Atonalität unterbrochen. Für Haas wurde dann auch ein Komponistenbaum gepflanzt. Ein eindrucksvolles, höchst erfolgreiches Festspielfinale!
Helmut Christian Mayer
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