Der zweite Tag am Frequency Festival hinterließ vor allem eine brennende Frage: Gibt es diese Klingeltondownloadwerbungen im Fernsehen eigentlich noch?
Die waren zumindest früher in den verarmten Randgebieten des Nachtprogramms offenbar der Bringer: Um 4,99 Euro (Zusatzkosten möglich) pro Monat konnte man sich quietschende Pinguine, rülpsende Bären und Musikfetzen aufs Handy herunterladen, die sich vor allem durch Hochfrequenz-Gesang an der Grenze zum Helium und tiefergelegte Beats auszeichneten.
So jedenfalls klingt Nero.
Und das ist gar nicht böse gemeint! Das britische Elektronik-Trio hat am zweiten Festivaltag überaus gut unterhalten, mit Animationstanz, Lichtshowfrontalangriff und einem wild vermengten All-You-Can-Eat-Musikbuffet aus Dubstep, Breakbeat und allem, wozu man sonst so tanzen muss.
Lerneffekt
Und aus diesem dramaturgie- und genregrenzenfreie Wirrwarr lässt sich noch dazu auch etwas Wichtiges lernen: in der Popkultur herrscht, endlich, der Gleichmut. Standen einander einst die Fangruppen unversöhnlich gegenüber (Beatles oder Stones? Pink Floyd oder Punk? Al Bano oder Romina?), könnte inzwischen nichts noch mehr egal sein, als ob der eine Act zum anderen,ja: die eine Musikminute zur nächsten passt.
Mühelos schaltet ein zeitgemäßes Festival um zwischen dem fad-geraden Sound von Simple Plan, den besinnlichen Jazzsoulelektronik-Klängen von Kwabs, dem Konsens-Punkrock von The Offspring und der immer noch stark ausgeprägten Haudrauf-Mentalität von Prodigy.
Das heurige Frequency bringt diese neue Stil-Freiheit hervorragend auf den Punkt – am Festivalgelände in St. Pölten wird bei der 15. Ausgabe alles richtig gemacht. Es gibt Hängematten und einen Biergarten, guten Sound und ein Chili-Wettessen, Vielfalt im Angebot und genügend Gelegenheit zum kontrollierten Kontrollverlust.
Und die nächtliche Tanz-Programmschiene ist endlich räumlich gelungen an das Hauptprogramm angedockt.
Auf die von einem der zahllosen DJs in die Menge geworfene Frage "Wie ist die Stimmung bei den Klos?" gibt es daher nur eine folgerichtige Antwort: Gut.
Da macht es auch nichts, dass die freundliche Umarmung des Betrunkenen nur dazu diente, einem einen politischen Sticker auf den Rücken zu picken. Wenn einer unfrei ist, sind es alle, steht da drauf. Prost!
Für "einen Moment", sagt Alt-J-Drummer
Thom Green, habe er sich gefragt, was andere denken könnten, als er ein Sample von Miley Cyrus in seinen Song "Hunger Of The Pine" einbaute.
Alt-J, gegründet von Kunststudenten in Leeds, hatten für ihr Debüt-Album "An Awesome Wave" von 2012 den renommierten Mercury Prize gewonnen. Ihr Sound – verträumt und versponnen, mit komplexen Rhythmen und Songstrukturen und der nasalen, hohen Stimme von Frontmann
Joe Newman – hatte die Alternative-Szene im Sturm erobert. Und dann sollten sie ausgerechnet die Queen der kommerziellsten Spielart des Pop auf ihr zweites Album "This Is All Yours" holen?
"Aber das Sample passte perfekt zu einem unserer Gitarrenriffs", erklärt
Green im KURIER-Interview. "Da zählte nur das Resultat!" Cyrus hatte sich als Alt-J-Fan geoutet, Green ihr deshalb angeboten, einen ihrer Songs zu remixen und sich mit ihr angefreundet. Geschadet hat Alt-J diese Art der Kollaboration nicht: "This Is All Yours" schaffte es in Amerika und England auf Platz eins der Charts. Viel ist deshalb schon darüber geschrieben worden – laut Sänger Joe Newman, aber auch viel Blödsinn.
Dusch-Muffel
"Du hast bestimmt gelesen, dass ‚Left Hand Free‘ unsere Plattenfirma durch den Kakao zieht", sagt er. "Aber dabei geht es um unseren Manager, der nicht gerne duscht. Deshalb haben wir ihm einen Dusch-Handschuh gekauft – weil er stinkt!"
Und obwohl
Newman, der alle Texte schreibt, nicht gerne über seine Songs redet, will er jetzt gleich die Entstehungsgeschichte eines anderen Songs richtig stellen. Weil es ihn ärgert, dass sich im Internet Missverständnisse festsetzen und ewig halten.
"Dass der Song ‚The Gospel Of John Hurt‘ von dem Film ‚Aliens‘ inspiriert ist, stimmt nur zu einem kleinen Teil. Dabei geht es um einen Freund namens John, mit dem ich als Student zusammengewohnt habe. Eines Nachts sahen wir uns ‚Aliens‘ gemeinsam an. Ich bin dabei eingeschlafen. Als ich aufwachte, hatte er sich neben mir vor Angst in die Hose gemacht. Das war ihm so peinlich, dass er vor Scham aus dem Fenster sprang. Wir wohnten zum Glück im Erdgeschoß. Er hat sich nur ein Bein gebrochen."
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