Die Sammelwut des Thronfolgers
Der Thronfolger war in einem wahren Kaufrausch: 14.000 Objekte aus aller Welt, vom indischen Relief aus dem 12. Jahrhundert bis zum mondänen Holz-Rechenschieber, brachte er mit von seiner Weltreise.
Dazu noch 18.000 naturhistorische Objekte.
Dabei hat Franz Ferdinand (1863–1914) zwar nicht nur Hochwertiges, aber zielgerichtet gesammelt: Er leide unter Museomanie, hatte Franz Ferdinand gesagt, und die wollte er besänftigen.
"Seltene Beute"
"An Erfahrungen, an seltener Beute, an Sammlungen reich bin ich heimgekehrt", schrieb er über seine zehnmonatige "Wanderung um die Erde" 1892/’93 in sein Tagebuch. Und was der damals 29-Jährige mitbrachte, ist noch bis zum 2. November in Auszügen im Weltmuseum in Wien zu sehen. Dort also, wo Franz Ferdinand vor seiner Ermordung in Sarajevo 1914 selbst noch seine Sammlung herzeigte.
Exponate und Bilder der Ausstellung
All-inclusive-Trip
Bei der Weltreise war wenig dem Zufall überlassen: Ein Reisebüro organisierte die Tour; die Gegenstände, die Franz Ferdinand sammelte, wurden, generalstabsmäßig geplant, von der österreichischen Flotte nach Österreich verschifft. Die Welt war "damals schon global", sagt Kurator Christian Schicklgruber im KURIER-Gespräch .
Es war eine facettenreiche Reise, bei der es um Tourismus durchaus im heutigen Sinn, um Belehrung und Forschung, aber auch um Jagen sowie um das Netzwerken bei anderen Machthabern ging, sagt der Kurator.
Einen Teil der Reise wollte Franz Ferdinand inkognito als Graf Artstetten absolvieren – was nicht immer gelang. Zeitungen berichteten groß von seinem Nordamerika-Aufenthalt, eine davon unter dem Titel "Franz is here", den nun auch die Ausstellung trägt.
Das politische System der Vereinigten Staaten von Amerika faszinierte Franz Ferdinand, auch in Hinblick auf seine Pläne für die Zukunft der Donaumonarchie. Die US-Auswüchse des Kapitalismus, mit Armut und Arbeiterleid, fand der Thronfolger jedoch abschreckend.
Franz spricht
Die Schau zeigt in Original-Vitrinen rund 900 Objekte aus der Sammlung. Und setzt auf ein ungewöhnliches Vermittlungskonzept: Es lässt Franz Ferdinand selbst zu Wort kommen.
Auf jeder Vitrine steht ein Lautsprecher, über den Tagebuchauszüge zu hören sind; ein Lichtkegel am Boden verweist auf die gerade aktiven Vitrinen – deren Inhalte wiederum nicht im Einzelnen beschriftet sind. So soll weniger das geschichtliche Detail als der Blick Franz Ferdinands auf seine "Schätze" vermittelt werden.
Fremde Welten
Thematisiert wird auch die damalige, durchaus andere Sicht auf das Fremde und die große, weite Welt: Fotos zeigen den Thronfolger und sein Gefolge in japanischer Tracht, "welche namentlich an unserem Chefarzte, der sich einer stärkeren Körperfülle erfreut, die Heiterkeit mehrerer jungen Amerikanerinnen erregte".
Der Besuch der nicht riesigen, aber spannenden Ausstellung lohnt sich – nicht zuletzt, weil das Weltmuseum nach deren Ende wegen umfangreicher Umbaumaßnahmen wieder für zwei Jahre schließt.
Die Reise: 1892 brach Erzherzog Franz Ferdinand zu einer zehnmonatigen Weltreise auf, die ihn von Pola über Suez, Aden, Sri Lanka, Indien, Nepal, Südostasien, Ozeanien, Australien, China und Japan bis in die Vereinigten Staaten führte. 1895 publizierte er das "Tagebuch meiner Reise".
Jäger und Sammler: Franz Ferdinand war als manischer Jäger bekannt und zeigte auch eine ausgeprägte Sammelleidenschaft. Eine Auswahl seiner Reiseberichte ist 2013 als Buch erschienen: "Die Eingeborenen machten keinen besonders günstigen Eindruck", Hg. von Frank Gerbert. Verlag Kremayr & Scheriau, 24 €.
Die Ausstellung: "Franz is here" ist bis zum 2. 11 im Weltmuseum Wien (ehem. Museum für Völkerkunde ) in der Wiener Hofburg zu sehen (Täglich außer Dienstag, 10–18 Uhr). Ein umfangreiches Programm von Führungen und Vorträgen begleitet die Schau.
Infos und Termine auf www.weltmuseumwien.at
Kommentare