Filmkritk zu "Norwegian Dream": Ein „stinknormaler Hetero“

Zwei junge Männer stehen einander nah gegenüber, einer berührt den Kopf des anderen.
Regisseur Leiv Igor Devold erzählt vom Aufleben eines jungen schwulen Polen in Norwegen

Von Gabriele Flossmann

Auch in Norwegen reicht die einheimische Bevölkerung nicht mehr aus, um alle Arbeitsplätze zu besetzen, gerade in den weniger attraktiven Bereichen, wie etwa der für die Wirtschaft des Landes enorm wichtigen fischverarbeitenden Industrie. Viele migrantische Arbeiter kommen aus Polen nach Norwegen, versuchen in kurzer Zeit möglichst viel zu verdienen und in dem bekanntermaßen hochpreisigen Land möglichst wenig auszugeben. Einer von ihnen ist der 19-jährige Robert, der in der Nähe von Trondheim in einer Fischfabrik anheuert. Während aber sein Zimmergenosse Marek nach Norwegen gekommen ist, um Geld zu verdienen, um in der Heimat ein Haus zu bauen und zu heiraten, sind Roberts Gründe komplizierter: Zum einen versucht er Geld zu verdienen, um die Schulden abzuzahlen, die seine Mutter angehäuft hat, zum anderen ist er vor der repressiven, homophoben Atmosphäre in seiner Heimat geflohen.

Außerdem ist er schwul, auch wenn er selbst das noch nicht akzeptiert hat. Als er seine Kollegin Julia kennenlernt, beginnt er allmählich, sich in sie zu verlieben.

Mit ein Grund für ihn, den Schein eines „stinknormalen“ Heteros aufrechtzuerhalten. Weshalb er auch verschämt mitzulachen versucht, wenn seine Kollegen in der Fabrik den Vorarbeiter Ivar als „schwul“ bezeichnen. Unweigerlich kommt es zu einer Annäherung der jungen Männer.

Als Coming-out-Geschichte ist der Film des in Polen geborenen und in Oslo aufgewachsenen Regisseurs Leiv Igor Devold zu vorhersehbar und zu platt erzählt. Aber er funktioniert als Charakterstudie zweier Männer, was an den beiden Hauptdarstellern – vor allem am jungen Shooting Star Hubert Milkowski – liegt. Sie verleihen dem Film Intensität und Qualität. 

INFO: 97 Min. Von Leiv Igor Devold. Mit H. Milkowski und K. B. Steinland.

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