Filmkritik zu "Hypnotic": Gedankenkontrolle als Psycho-Machtspiel
Neuer Thriller von Kultregisseur Robert Rodriguez, in dem eine kriminelle Gruppe von Hypnotiseuren Menschen zu Verbrechern macht und damit die Weltmacht übernehmen will
09.08.23, 18:00
Von Gabriele Flossmann
Man stelle sich vor, ein wildfremder Mensch kontrolliert unsere Gedanken, steuert diese böswillig, macht uns zu Verbrechern und zerstört damit unser Leben. Eine absolute Horrorvorstellung, oder?
Genau das passiert im neuen Psycho-Horrortrip des mexikanisch-amerikanischen Regisseurs Robert Rodriguez.
Ben Affleck spielt darin den Polizeibeamten Danny Rourke, der seit der Entführung seiner Tochter große Trauer und Verzweiflung verspürt. Auf der Suche nach ihr bekommt er es mit einer Vereinigung bösartiger Hypnose-Therapeuten zu tun, die den Menschen eine alternative Realitätsebene vorzugaukeln und damit Macht über sie gewinnen wollen.
Gedankenkontrolle
Bei seiner Detektivarbeit gerät Rourke immer tiefer in die mysteriösen Machenschaften der Hypnotiseure. Denn quasi als „Nebenbeschäftigung“ zur Suche nach seiner Tochter hat er eine Reihe von Überfällen auf diverse Geldinstitute zu klären. Die Täter – so stellt sich heraus – waren bis dahin verlässliche Mitarbeiter der Bank, die sie berauben. Mittels Hypnose und Gedankenkontrolle sind sie zur „Mitarbeit“ an den Überfällen „überredet“ worden. Ein Foto seiner entführten Tochter in einem der ausgeraubten Schließfächer gibt Rourke den Hinweis, dass ihr eine Schlüsselrolle im Hypnose-Mysterium zukommt.
Seine Ermittlungen gegen die sogenannten „Hypnotics“ stellen Rourkes Realität gehörig auf den Kopf und verwickeln ihn in ein Labyrinth aus Illusionen. Eine Wahrsagerin, die er in seiner Ratlosigkeit konsultiert, sagt ihm das Ziel dieser verbrecherischen Organisation voraus: Die Übernahme der Macht über die ganze Welt. Der Codename ihres Endspiels lautet „Domino“. Die künftigen Untertanen dieser Gedankendiktatur sollen in einen Rauschzustand ohne Drogen versetzt werden, der sie zu willenlosen Befehlsempfängern macht.
Kann ein Hypnotiseur das Bewusstsein oder gar das Unterbewusstsein von Menschen steuern, werden sich Kinobesucher während dieses Films vielleicht fragen?
Die wissenschaftliche Antwort darauf ist ein klares „Nein“. Die Spannung des Films ergibt sich daraus, dass Robert Rodriguez – ein Busenfreund von Quentin Tarantino – diese Frage mit einem nicht minder klaren „Ja“ beantwortet. Er ist bisher mit höchst artifiziellen Action- und Splatter-Movies zum Kultregisseur avanciert.
Sein neuer Film ist ein Mix aus verschiedenen Zeitebenen, Parallelwelten und Thriller-Elementen – wie ihn schon Christopher Nolan in „Inception“ und „Tenet“ meisterlich vorexerzierte.
Psychotrip
Wobei Rodriguez seinen Film nicht so tiefsinnig und schon gar nicht so philosophisch anlegt wie Nolan. Und dies auch gar nicht will. Diejenigen, die sich das Action-Furioso des „alten Rodriguez“ zurückwünschen, werden von diesem Psycho- und Hypnosetrip vielleicht enttäuscht sein. Aber in seiner seltsam hybriden Form aus Mind-Fuck und Trash funktioniert auch sein neuestes Werk ziemlich gut. Vor allem im letzten Drittel, wenn Rodriguez durch selbstironische Anspielungen auf frühere Filme auch noch für Humor im Horror sorgt. Bei der Handlung scheint er selbst den Überblick verloren zu haben – und damit auch den Sinn dafür, wann er mit seinem hypnotischen Kinospuk hätte aufhören sollen.
INFO: USA 2023. 94 Min. Von Robert Rodriguez. Mit Ben Affleck, Alice Braga, William Fichtner.
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