"Eismayer": Männer, Machos, Militär und die Macht der Liebe
Verliebt, verlobt und verheiratet. Ein Film nach wahren Begebenheiten über einen gefürchteten Bundesheer-Ausbildner und sein liebsten Rekruten.
26.10.22, 17:00
von Gabriele Flossmann
Venedig im September 2022. Die Internationalen Filmfestspiele zelebrieren das 100. Jahr ihres Bestehens. Auf dem Roten Teppich vor dem Festivalpalazzo kommt es zu einem bis dato noch nicht da gewesenen Ereignis. Fotografen reißen ihre Kameras hoch, um diesen Moment aus allen Blickwinkeln festzuhalten. Das mediale Interesse gilt – ja wem eigentlich?
Einem älteren und einem jungen Mann. Beide in weißer Gala-Uniform des österreichischen Bundesheeres. Überraschender als ihr Outfit ist aber das, was sie tun. Die Männer in Militär-Uniformen küssten einander inniglich. Der österreichische Vizeleutnant Karl Eismayer und der ihm angetraute Soldat Mario Falak. Sie waren zur Weltpremiere „ihres“ Films gekommen.
Soldatenliebe
Eines Films, der „ihre“ Geschichte erzählt. Eine, über die das italienische Publikum und die Fachpresse meinte: „Se non è vero, è ben trovato.“ Wenn sie nicht wahr ist, ist sie gut erfunden. Im Mittelpunkt steht Vizeleutnant Karl „Charles“ Eismayer, von seinen Kollegen wegen seiner harten Ausbildungs-Methoden „Eis“ genannt.
Charles Eismayer ist ein knallharter Charakter, wie er in einer österreichischen Version von „Platoon“ oder „Full Metal Jacket“ auftauchen könnte. Seine Appelle in ungeschönter Bundesheer-Diktion hallen vielen seiner einstigen Rekruten heute noch in den Ohren. Im Film wird er (kon)genial gespielt von Gerhard Liebmann. In Mimik und Tonfall macht er lebensnah fühlbar, worum es „dem Eismayer“ ging. Seine Rekruten sollten „richtige Männer“ werden und sich auch so benehmen. Wobei Eismayer (s)eine sehr eigenen Vorstellungen von „Männlichkeit“ und militärischen Benimm-Regeln hat.
Wahre Geschichte
Der Film erzählt, wie Eismayers Herangehensweise an das, was er unter Männlichkeit versteht, ins Wanken gerät. Und zwar in dem Moment, als ihm der Rekrut Mario Falak – ebenfalls überzeugend gespielt von Luka Dimic – zur Ausbildung zugeteilt wird. Denn Mario ist homosexuell und geht damit sehr offen um. Trotz, oder vielleicht auch gerade wegen des Macho-Gehabes seines Kommandanten und einigen seiner Kollegen. Ebenso unterhaltsam wie eindrucksvoll wird Eismayers schwieriger Weg nachgezeichnet. Aus seinem strikt heteronormativ geführten Leben mit Frau und Kind, bis zu seinem – auch ihn selbst überraschenden – Outing. Er und sein Geliebter verpartnerten sich 2014 – im Einverständnis mit dem Ministerium. Ihren Bund schlossen sie in der Galauniform, die sie auch am Roten Teppich in Venedig trugen.
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