Filmkritik zur Thomas-Glavinic-Verfilmung "Das Leben der Wünsche"

Verena Altenberger und Matthias Schweighöfer sitzen an einem Tisch.
Matthias Schweighöfer will sich von seinem Sonnyboy-Image befreien und tut dies mit Hilfe von Verena Altenberger.

Von Gabriele Flossmann

„Wünsch' dir nichts, dummes Menschenkind. Wünsche sind nur schön, solang sie unerfüllbar sind“. An diese Zeilen des Marlene-Dietrich-Songs „Wenn ich mir was wünschen dürfte…“ (1931) fühlt man sich erinnert, wenn man diese Verfilmung des gleichnamigen Romans von Thomas Glavinic sieht.

Der österreichische Schriftsteller entwarf in seinem 2009 erschienenen Buch die Versuchsanordnung, ein irdisches Dasein nach märchenhaften Kriterien zu gestalten: Drei Wünsche habe er frei, offeriert eine „Fee“ Felix Niemann, dem Protagonisten des Films.

Der Name „Felix“ sollte eigentlich „der Glückliche“ bedeuten. Aber er ist alles andere als das. Seine Frau Bianca will sich von ihm trennen, seine Kinder wenden sich ab. Und zu guter Letzt verliert er auch noch seinen Job. Daran könnte auch sein Nachname „Niemann“ schuld sein, vermutet Felix. Denn jedes Mal, wenn er einen „Coffee-to-go“ bestellt, erschallt wenig später der Ruf: „Der Kaffee für Niemand ist fertig!“

Matthias Schweighöfer, der auch als Produzent dieses Films genannt wird, wollte sich mit seiner Darstellung des Felix ganz offensichtlich aus der Umklammerung seines patentierten Sunnyboy-Images befreien. Und er tut dies auch mit vollem Einsatz.

Felix, dem Unglücksraben, kommt die gute Fee mit dem Angebot, drei Wünsche zu erfüllen, gerade recht. Was aber, wenn die Fee keine gute Vertreterin ihrer Spezies ist? Und mehr noch: wenn „sie“ ein „er“, also ein Mann ist?

Henry Hübchen legt diesen Feen-Mann lustvoll als Mephisto an. Mit pechschwarzem Haar und Schnurrbart. Und die Wünsche, die er zu erfüllen verspricht, haben offenbar ein Eigenleben. Das Wunschkonzert gerät zur Disharmonie.

Die recht fantasievolle Verfilmung des Romans von Thomas Glavinic weicht immer wieder von der literarischen Vorlage ab. Gleich zu Beginn rollt eine riesige Flutwelle auf den Zuschauer zu. Wie sich herausstellt, handelt es sich dabei um einen Albtraum des Protagonisten. Die Flut umspült auch das Publikum mit der Vorahnung, wie es Felix Niemann ergehen könnte, wenn wirklich alle seine Wünsche wahr werden.

Sein erster Wunsch betrifft sein schütteres Haupthaar. Es soll durch eine füllige Mähne ersetzt werden. Was zunächst auch gut funktioniert. Sein Auftreten wird souveräner. In einer Schlüsselszene des Films sieht man Felix, wie er das Konzert von Paula besucht. Sie ist eine alleinerziehende Mutter, gespielt von Verena Altenberger, und dient Felix als Vision eines anderen Lebens als verlockende Aussicht auf eine Zukunft abseits des Hamsterrads, den sein altes für ihn Dasein bereithält.

Aber er will mehr – vor allem für sich selbst. Und die Gier, so weiß der geübte Wiener, ist ein Hund. Sie wird zum Treibsand, auf dem man den Boden der Realität verliert. Damit wird die Fantasie des Films zu einer Phantasmagorie, in der die Figuren buchstäblich den Boden unter den Füßen verlieren.

Dieser Schwebezustand gelingt dem Film aber leider nicht immer. Bisweilen wirkt das Fantasy-Gebilde doch zu angestrengt unangestrengt und damit beinahe holprig. Nun ja, eine Klage auf hohem Niveau: Filme sind kein Wunschkonzert.

INFO: D 2025. 95 Min. Von Erik Schmitt. Mit Matthias Schweighöfer, Luise Heyer.

Kommentare