Filmkritik zu "Stromberg - Wieder alles wie immer": Stehaufmännchen ist zurück
Christoph Maria Herbst (re.) ist als Bernd Stromberg zurück.
Von Gabriele Flossmann
Bürotristesse pur. Zum Totlachen und Fremdschämen. Und die deprimierende Ahnung: Stromberg sind wir alle. Mit diesen Einsichten und Ansichten konnte Stromberg vor rund zehn Jahren einen Kinoerfolg verbuchen. Der Film sollte der Abschluss und Höhepunkt einer Serie sein, die einst (von 2004 bis 2012) dem britischen Vorbild „The Office“ folgte. Sie erzählte von einem Bürosystem, das sich einer unproduktiven Arbeitssimulation verschrieben hatte und in dem Stromberg als „einer von uns“ bzw. als „einer wie wir“ agierte. Er scheiterte, wenn er sich bei Vorgesetzten einzuschleimen versuchte, wurde aber hoch gelobt, sobald er kündigungsrelevanten Mist gebaut hatte. Die tröstliche Lehre für das Publikum sollte sein: Wenn so einer gegen alle Regeln der Arbeitswelt überleben kann, sollten wir doch mit den Zumutungen unserer eigenen Tätigkeit zurechtkommen.
14 Jahre nach dem Ende der bitterbösen Büro-Comedy ist der schlechteste Vorgesetzte und Kollege der Welt zurück. Stromberg ist wieder da – und obwohl im neuen Film laut Titel wieder einmal „alles wie immer“ sein soll, ist doch einiges anders. Die Realität der heutigen Arbeitswelt macht sich bemerkbar. Und die für das Kinoereignis betriebene Zuspitzung macht klar, wie wenig Schutz bietend die heutige Arbeitswelt ist. Es muss an allen Ecken und Ende gespart werden. Eine große Rationalisierungswut schäumt auf. Es geht nicht mehr ums Schicksal einzelner Figuren, alle um Stromberg sind bereits Abgeschriebene und wissen es noch nicht. „Der Papa“ aber, wie er sich gönnerhaft nennt, versucht – wie üblich – sich selbst auf Kosten anderer zu retten. Als er dabei scheitert, schwingt er sich zum Anführer des sozialen Protests auf. Gegen die Nadelstreifenträger aus den oberen Stockwerken, die dreist und dekadent auf Betriebskosten feiern.
Dass die „linke“ Satire nicht parteipolitisch wird, liegt an Stromberg, dessen Opportunismus auch Kapitalismuskritik als Karrieremodell entlarvt. In der TV-Serie und im ersten Kinofilm präsentierte sich Stromberg als alter weißer Mann im schlechtesten Sinne, lange bevor das zum Kampfbegriff wurde. Was ihm Kompetenz fehlte, machte er wett durch heiße Luft und unmögliches Verhalten auf Kosten jener, die er als Randgruppen empfand: Schwule und Behinderte, Frauen und Kinder, Türken und Inder. Karriere machte er dennoch – oder gerade deshalb.
Christoph Maria Herbst (re.) ist als Bernd Stromberg zurück.
Dem Publikum wurde zugetraut, über ihn zu lachen – und damit vielleicht auch über sich selbst. Nun versucht er im Rahmen des ihm Möglichen, sich zu bessern – und vereint unter dem Haarkranz samt Klobrillenbart doch nach wie vor die schlechtesten Eigenschaften von Elon Musk und diversen Zeitgenossen. In der Rahmenhandlung des neuen Films inszeniert ein TV-Sender eine Zusammenkunft von Strombergs alter Abteilung. In der Gegenwart sei alles bestens, versichert man einander, ganz wie bei einem Klassentreffen. Vor dem Studiogelände prallen währenddessen Fans und Kritikerinnen der Reizfigur aufeinander.
Den typischen, sehr speziellen „Stromberg“-Humor haben der Autor Ralf Husmann, der Regisseur Arne Feldhusen und die schon seit der Serie gewohnten Schauspieler wohlig aufgewärmt. Mancher Hardcore-Fan mag enttäuscht darüber sein, dass der Titelheld nicht mehr gar so viele Sprüche gegen die Wokeness-Gefühle abfeuert. Stattdessen gibt es mehr Verweise darauf, dass wir alle mit diesem Stehaufmännchen Stromberg gemeint sind. Das wird zwar bisweilen etwas dick aufgetragen, aber lustig ist diese Alltags- und Arbeitssatire allemal.
INFO: D 2025. 95 Min. Von Arne Feldhusen. Mit Christoph Maria Herbst.
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