Filmkritik zu "Noch lange keine Lipizzaner": Sieben Jahre Unsicherheit

Die gestrenge Dame vom Amt und die Satirikerin Toxische Pommes (li.): Ja, es ist ein steiniger Weg zur Staatsbürgerschaft.
Von Susanne Lintl
Sieben Jahre lang kämpft sie schon. Hat Dutzende Formulare ausgefüllt, ist immer wieder aufs Amt gepilgert und hat geforderte Unterlagen aus halb Europa besorgt. Olga Kosanović, 30, als Tochter serbischer Eltern in Wien geboren, aufgewachsen und gut ausgebildet, dachte sich, es sei ganz leicht, Österreicherin zu werden, wenn sie den Zeitpunkt dafür gekommen sähe. Schließlich sei sie ja hier von klein auf Zuhause gewesen. Geboren in Korneuburg und aufgewachsen im 14. Wiener Gemeindebezirk, waren ihr nie Zweifel daran gekommen, ein Teil der österreichischen Gesellschaft zu sein.
Und dann das: Als Kosanović 2020 einen Einbürgerungsantrag stellt, wird dieser abgelehnt. Mit der Begründung, sie habe in den 15 Jahren zuvor 58 Tage zu viel im Ausland verbracht. Ihr Filmstudium in Hamburg wird ihr zum Verhängnis. Zurück in Wien sei sie „so mir nix, dir nix“ bei der Einwanderungsbehörde reingegangen und baff gewesen, als die Beamtin meinte, „na, so einfach wird das nicht“. Zum ersten Mal habe sie sich in Österreich fremd gefühlt.
Mit trockenem Humor und gehörig Sarkasmus erzählt Kosanović, was das mit dem Identitätsgefühl gut integrierter Menschen macht, wenn ihnen der Erwerb der Staatsbürgerschaft so schwer gemacht wird. Nach dem Auftritt bei einer TV-Diskussion zum Thema Integration liest sie die Online-Kommentare und stößt auf eine besonders perfide Formulierung: „Wenn eine Katze in der Hofreitschule Junge wirft, sind das noch lange keine Lipizzaner“, schreibt ein User. Das sitzt.
In der Schwebe
Kosanović hört sich unter Österreichern um, was es für sie bedeutet, Bürger dieses Landes zu sein. Was sie als typisch österreichisch bezeichnen würden. Die Antworten sind dürftig. Nur in einem sind sich die Befragten einig: Sie würden ihre österreichische Staatsbürgerschaft nicht für eine andere zurücklegen.
Dies wird nämlich von den „Fremden“, die bei uns eingebürgert werden wollen, verlangt. Auch Kosanović fällt es schwer, sich von ihrer serbischen Staatsbürgerschaft zu trennen. Es fühlt sich für sie an, als würde sie ihre Wurzeln kappen. Doch ihre Familie, speziell die Oma, redet ihr zu.
Zum Zeitpunkt der Fertigstellung ihres Films hatte Kosanović die österreichische Staatsbürgerschaft noch immer nicht, aber sie durfte im Gelöbnisraum des Einbürgerungsamtes eine Art Pre-Party inszenieren.
Was sie denn als Erstes machen wird, wenn sie Österreicherin ist? – Die Schuhe vor die Tür ihrer Wohnung stellen (das darf sie wegen des Brandschutzes nicht) und das Auto im Parkverbot abstellen. Verwaltungsstrafen können ihr dann nichts mehr anhaben.
INFO: A 2025. 90 Min. Von Olga Kosanović. Mit Gaby Roller.
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