Filmkritik zu "Momo": Zeitreserve aus dem Sprayfläschchen

Ein Mädchen mit Lockenkopf hält eine Schildkröte im Arm.
Die moderne Version von Michael Endes Klassiker ist cool, packt einen aber nicht.

Von Susanne Lintl

Viermal hat Michael Endes Klassiker „Momo“ bereits den Weg auf die Kinoleinwand gefunden – nun versucht sich der deutsche Regisseur Christian Ditter an einer weiteren, modernen Version.

Der Agent, der das Geheimnis der Zeitdiebe verrät, ist bei ihm eine Agentin in weißem Designeroverall, die ihre kostbaren Zeitreserven in einer Art Asthmasprayfläschchen abgefüllt hat und gierig daran saugt, wenn ihre Kraft nachlässt.

Alexa Goodall verleiht der Titelheldin Momo in ihren coolen Boots und den wilden roten Locken eine lässige Anmut. Alleine lebt das Mädchen in den Katakomben eines alten Amphitheaters, das wie das Kolosseum in Rom aussieht. Ein Pizzaboy, der mit einem Tuktuk durch die Stadt kurvt, wird zu ihrem besten Freund. Zugleich leuchten außerhalb des Amphitheaters bunte Neonreklamen auf Stahl-und-Glas-Hochhäusern: Ditters Szenerie ist eine wilde Mischung aus kühler Moderne und märchenhafter Nostalgiekulisse. Immer wieder wehen wie ein Hauch von Poesie rosa Blütenblätter durchs Bild, die die Menschen beglücken. Und dann ist da noch die weise Schildkröte Kassiopeia, philosophisches Herz des Films: Wenn die roten Schriftzeichen auf ihrem Panzer aufleuchten, bekommt der Film für einen kurzen Moment den Zauber, den die bislang einprägsamste Version von 1986 versprühte. Michael Endes „Momo“ war Stoff zum Nachdenken, und das erwartete man sich auch von der Filmversion. Hier, 2.0, ist alles schön anzuschauen, professionell und makellos – ein Film für das junge Publikum von heute. Die älteren Jahrgänge bleiben wohl eher der 1.0-Version aus den Achtzigern treu.

INFO: D 2025. 91 Min. Von Christian Ditter. Mit Alexa Goodall, Araloyin Oshunremi, J. A. Pettersson.

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