Aber bei den Tatorten scheint es zunächst immer so, dass Familienväter ihre eigenen Frauen, Töchter und Söhne grausam gemetzelt und anschließend sich selbst gerichtet haben. Als man neben den toten Familienvätern wiederholt Briefe mit okkulten Symbolen entdeckt, alle unterzeichnet mit dem Namen „Longlegs“, keimt ein Verdacht auf: Die Väter hatten ihre eigenen Familien entweder im Auftrag dieses mysteriösen Longlegs ausgerottet – oder dieser hatte jeweils selbst in brutalster Weise „Hand angelegt“.
Wie im „Das Schweigen der Lämmer„ bekommt auch hier die FBI-Agentin bei der Entschlüsselung der Killer-Nachrichten unerwarteten Beistand. Vom Serienmörder höchstpersönlich.
Doch warum hat dieser ein besonderes Interesse an ihr? Gibt es da eine persönliche Verbindung?
Als ihr klar wird, dass Longlegs bald wieder zuschlagen wird, macht er ihr deutlich: Nur sie kann ihn aufhalten. Oder auch nicht ...
Horror-Nachwuchs
In diesem höchst raffiniert inszenierten Horrorfilm wirkt jedes Detail sehr bewusst in Szene gesetzt. Und zwar von Oz Perkins, dem unbestreitbar talentierten Sohn des Hollywood-Stars Anthony Perkins, der einst in Alfred Hitchcocks Horror-Klassiker „Psycho“ Filmgeschichte schrieb. Als krankhaft mutterfixierter Motel-Besitzer Norman Bates.
Von den niedrigen Kamerawinkeln, die den Zuschauer zum ängstlich geduckten Beobachter des Geschehens machen, bis zu den schrillen Tonausbrüchen, die unterschwellig an „Psycho“ erinnern, verstärkt sich der Eindruck: Hier hat ein Regisseur das Sagen, der mit Horrorfilmen großgeworden ist.
Zumindest mit dem seines Vaters.
Sein eigener Film wirkt wie von einem tiefen Pessimismus durchzogen. Der Himmel ist verregnet, die Häuser drohen mit gleichförmigen Holzfassaden, die dem Publikum suggerieren, dass es dahinter mörderisch zugeht.
Abrechnung mit Vater
Dieser Thriller wird Horrorfans durch seine unverfrorene Brutalität faszinieren. Aber Oz Perkins möchte offenbar nicht auf Dauer ins Horror-Fach gelegt werden und behandelt auch Themen, die beinahe ins Philosophische gehen. Wie etwa die Frage, wie sehr der Begriff des „Bösen“ von Religiosität – egal welcher Glaubensrichtung – definiert wird.
Da es im Film auch um Generationstraumata geht und darum, welche Rolle die eigenen Eltern im Gut-Böse-Komplex spielen, könnte „Longlegs“ auch als Oz Perkins’ Abrechnung mit dem „Psycho“-Image seines Vaters gelesen werden. Longlegs ist dazu noch ein Satanist, über den die FBI-Agentin zynisch bemerkt: „Er betet den Teufel an – aber in den Vereinigten Staaten von Amerika ist das erlaubt“. Die ermordeten Kinder ersetzt er durch Kuckuckskreaturen. Puppenkinder mit einer leeren Glaskugel als Gehirn und Keramik statt Knochen. Für den Killer der „perfekte Mensch“. Eine Anspielung auf die nicht nur in den USA allgegenwärtige Angst vor der künstlichen Intelligenz?
INFO: USA 2014. 102 Min. Von Oz Perkins. Mit Nicolas Cage, Blair Underwood, Alicia Witt.
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