Raumschiffe in Venedig

Zwei Astronauten arbeiten im Weltraum an einer Raumstation.
Die 70. Ausgabe startete mit George Clooney und Sandra Bullock in „Gravity“.

Die Trümmer kommen lautlos, aber mit ungeheurer Wucht. Mit mehr als 30.000 Kilometer pro Stunde umkreisen sie die Erde, tausendfache Resultate einer Kettenreaktion, die ein zerstörter Satellit ausgelöst hat. Nun zerschlagen sie alles, was ihnen in den Weg kommt: andere Satelliten, Raumstationen und auch das Space Shuttle, das mit seinen Astronauten gerade an das Hubble Teleskop angedockt hat.

Mit schwindelerregenden 3-D-Bildern und angemessen glamouröser Starbeteiligung eröffnete das Festival von Venedig am Mittwochabend. Sandra Bullock (mit leicht wächsernem Look) und George Clooney spielen Astronauten, die in einer beinahe ausweglosen Lage nach Lösungen suchen. Alfonso Cuarón, der ein gutes Händchen für intelligentes Publikumskino hat, inszeniert „Gravity“ als Spiel mit der Schwerelosigkeit, das kein Oben und Unten kennt, eben noch den halben Planeten aus dem Orbit überblickt und im nächsten Augenblick ganz nah an seine einsamen Helden heranrückt.

George Clooney war bei der Pressekonferenz kaum von seiner Filmfigur zu unterscheiden, zu sehr ist er inzwischen in der Rolle des charmanten Zynikers zu Hause. Selbst noch, als er über sein eigenes Hightech-Projekt spricht, das durchaus zum „ Gravity“-Setting passt, liefert er eine ironische Einleitung mit. Tatsächlich hat er seine Kaffeewerbungshonorare in einen Satelliten investiert, der das Grenzgebiet zwischen dem Nord- und Südsudan beobachtet, um dort Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren. Fast zu viel Wirklichkeit für eine Pressekonferenz, in der sich die Journalisten sonst auch gerne für Sandra Bullocks Fitnessprogramm („Tanzen und ein zwanzig Kilo schwerer Dreijähriger“) interessieren.

Die Wettbewerbsfilme 2013

Eine Frau mit Kopftuch lehnt auf einem Balkon über einem bunten Teppich.

1 Es Stouh.jpg
Ein Bergmann mit gelbem Helm und Stirnlampe blickt nachdenklich zur Seite.

1 L'INTREPIDO_4.jpg
Eine Frau und ein Mann in Anzug stehen in einem Raum mit weißen Fliesen.

3 Miss Violence.jpg
Eine Frau führt eine Kamelkarawane durch eine trockene Landschaft.

4 Tracks.jpg
Zwei Frauen sitzen im Auto, eine telefoniert mit einem pinkfarbenen Handy.

5 Via Castellana Bandiera.jpg
Ein junger Mann mit blonden Locken steht auf einem Feld und blickt zur Seite.

6 TOM À LA FERME.jpg
Ein Mann in Sheriff-Uniform und Hut steht vor einem Auto.

7 CHILD OF GOD.jpg
Eine ältere Frau betrachtet mit einem Mann im Anzug ein kleines Foto.

8 PHILOMENA.jpg
Eine Familie sitzt an einem Tisch mit Speiseresten in einer Schwarzweißaufnahme.

9 LA JALOUSIE.jpg
Drei Männer in Kostümen und ein älterer Mann beugen sich über einen Tisch mit Apparaturen.

10 THE ZERO THEOREM.jpg
Eine Frau steht vor einem Gebäude, im Hintergrund sitzen Männer im Freien.

11 Ana Arabia.jpg
Scarlett Johansson trägt einen Pelzmantel und schaut nach oben.

12 UNDER THE SKIN.jpg
Nicolas Cage steht mit einem Gewehr neben einem Jungen an einem Fluss.

13 joe.jpg
Ein Mann in Polizeiuniform mit einer Frau und einem kleinen Mädchen.

14 DIE FRAU DES POLIZISTEN.jpg
Zac Efron in einem schmutzigen weißen Overall, möglicherweise am Set eines Films.

15 parkland.jpg
Eine junge Frau malt ein Bild auf einer grünen Wiese unter einem Sonnenschirm.

16 kaze.jpg
Donald Rumsfeld vor dem Logo des Pentagons.

17 the unknow know.jpg
Drei Personen fahren mit einem Motorboot auf einem See entlang bewaldeter Ufer.

18 night movies.jpg
Eine Rennstrecke für Modellautos unter einer Autobahnbrücke.

19 SACRO GRA.jpg
Eine Familie mit Regenmänteln geht nachts auf einer nassen Straße entlang.

20 JIAOYOU (STRAY DOGS).jpg

Baugrube

George Clooney und eine Frau posieren vor einer Wand mit Logos, während sie von Fotografen umgeben sind.
epa03840251 US actors Sandra Bullock (L) and George Clooney (R) pose during a photocall for the film 'Gravity' at the 70th Venice Film Festival in Venice, Italy, 28 August 2013. 'Gravity,' by Mexican film director Alfonso Cuaron, is the opening film and is presented out of competition at the festival which runs from 28 August to 07 September. EPA/CLAUDIO ONORATI
Vielleicht hat Festival-Direktor Alberto Barbera der Pragmatismus gefallen, mit dem in „ Gravity“ immer ein Schritt nach dem anderen gemacht wird. Draußen vor dem Kino sind die Trümmer einer anderen Kollision von hochfliegenden Plänen mit der Wirklichkeit zu sehen. Die gigantische Baugrube ist immer noch da. Gleich neben dem Festivalpalast am Lido, wo vor fünf Jahren ein moderner Anbau entstehen sollte.

Unter den weißen Plastikplanen liegt illegal entsorgter Asbestmüll, der dort weiter bleiben wird, bis sich Rom und die Regionalregierung geeinigt haben, wer die 15 Millionen Euro für die Sanierung übernehmen wird. Das kann noch einmal fünf Jahre dauern. Kein passendes Geschenk zur 70. Ausgabe der Festspiele, die ihr Jubiläum in den nächsten Tagen mit Stephen Frears Nonnendrama „Philomena“, Terry Gilliams Zukunftsgroteske „The Zero Theorem“ (mit Christoph Waltz) oder Kelly Reichardts Ökoterroristendrama „Night Moves“ feiern.

Seit Barbera im Vorjahr die Leitung übernommen hat, wird am Lido auf Schadensbegrenzung gesetzt. Er will das Erbe der Filmfestspiele erhalten, statt zu sehr zu träumen. Der Saal für die Galapremieren wurde renoviert, neue, kleine Kinos in das Casinogebäude eingebaut. Der dritte große Kinosaal wird erst 2014 renoviert. Alles zu seiner Zeit.

Kommentare