Fans von Bruce Springsteen, Partnersuche und Mord in Südafrika - die Filmkritiken der Woche
Madman drummers bummers and Indians in the summer with a teenage diplomat...“ Mit diesen und ähnlichen Zeilen wird Bruce Springsteens in diesem Film zum Lebens- und quasi auch so etwas wie Bewährungshelfer für ein 16-jähriges pakistanisches Einwandererkind in Großbritannien. Ein zeitgemäßes Thema mit Ohrwurmqualität – trotz gesellschaftskritischer Untertöne.
Springsteen steht für gefühlvollen Softrock.
Er erzählt mitreißend von einsamen Herzen, einsamen Straßen und der großen Ruhelosigkeit eines Menschen, der sich nicht wirklich als Teil einer gesellschaftlichen Norm sieht. Kein Wunder, dass er Jav, einem pakistanisch-stämmigen Jugendlichen, der in den 80er-Jahren ausgerechnet in einer langweiligen englischen Kleinstadt aufwächst, quasi aus der Seele singt. Es ist das Jahr 1987. Margaret Thatcher ist Premierministerin. In Großbritannien steigt die Arbeitslosigkeit täglich.
Blinded by the Light
Alltagsrassismus
Das Leben des 16-jährigen Javed, genannt Jav, ist geprägt von Hoffnungslosigkeit und Alltagsrassismus. Eigentlich träumt er von einer Karriere als Schriftsteller, aber sein strenger Vater ist dagegen. Er ist nicht nach Großbritannien gekommen, um mit seiner Schufterei in minderen Jobs dem Sohn eine so brotlose Kunst wie Lyrik-Schreiberei zu ermöglichen. Darüber hinaus fordert er Jav auf, sich von Mädchen fernzuhalten. Als ihn sein indischer Mitschüler mit Springsteen-Kassetten versorgt, kann Jav es nicht glauben, dass ein singender Amerikaner ihm etwas über seine Empfindungen über das Pakistani-Dasein in England erzählen kann. Aber der Rockmusiker aus New Jersey singt über dieselben Ängste und Träume, die Jav beschäftigen. Wenn er über die Arbeit singt, die er hasst, über Menschen, die ihn nicht verstehen und über den Wunsch, der Enge der Normalität zu entkommen. In all dem erkennt sich Jav wieder. Kein Wunder also, dass der aufgeweckte Teenager den Verlockungen verfällt, die ihm Springsteen ins Ohr schmeichelt. Der Film basiert auf der wahren Geschichte des britischen Journalisten und TV-Moderators Sarfraz Manzoor, der seine Jugend im Roman „Greetings From Bury Park“ verarbeitet hat.
Feelgood-Film
Ohne gängige Filmklischees und ganz unaufdringlich veranschaulicht der Film die Probleme, die Jugendliche mit Migrationshintergrund nicht nur in Großbritannien haben. Die indisch-britische Regisseurin Gurinder Chadha („Bend It Like Beckham“) kennt sich in dieser Lebenswelt bestens aus. Mit viel Lokalkolorit und Nostalgie zeichnet sie ein weitgehend glaubhaftes Bild. Javs Konflikt mit dem Vater wird gezeigt, ohne Partei zu ergreifen. Dass am Ende auch der gestrenge Vater von Jav unter Springsteens Rockklängen nicht nur weich, sondern sogar zum Fan wird, ist allerdings dann doch etwas zu viel an Feelgood-Movie-Stimmung.
Trotzdem ist der Film mehr als eine Bebilderung von Springsteens Ode an alle Außenseiter, die ihren Platz in der Welt suchen und an ihren Träumen festhalten wollen. Gerade in den Alltagsszenen, die sich in der Schule, auf den Straßen und zu bei Jav zu Hause abspielen und sich nicht (nur) um die Musik drehen. Bruce Springsteen gab übrigens seine Songs für den Film frei, nachdem er das Drehbuch gelesen hatte. Seinen Fans wird dieser Film sicher gefallen – schließlich besteht der Soundtrack fast ausschließlich aus Songs von „The Boss“. Seine Textzeilen wirbeln nicht nur durch Javeds Kopf, sondern buchstäblich auch über die Leinwand.
INFO: GB 2019. 117 Min. Von Gurinder Chadha. Mit Viveik Kalra, Kulvinder Ghir, Meera Ganatra, Aaron Phagura.
Filmkritik zu "Gloria - Die Liebe wartet nicht"
Sie gehen auf die 60 zu, haben ihre Kinder großgezogen und müssen jetzt allein zurechtkommen. Eine dieser Frauen ist Gloria. Sie ist geschieden, die Kinder sind aus dem Haus, und sie fühlt sich einsam. Tochter Anne ist mit ihren Yoga-Kursen und dem neuen sexy Surfer-Freund mehr als beschäftigt. Und Sohn Peter ist mit seinem neugeborenen Baby ausgefüllt. Zeit für die Mutter haben sie jedenfalls kaum mehr. Also geht Gloria zu Single-Partys. Zum Tanzen und um Männerbekanntschaften zu machen. Bei einem dieser nächtlichen Streifzüge lernt sie Arnold kennen. Zunächst scheint alles gut zu laufen. Bis sie zu spüren bekommt, dass der ebenfalls geschiedene Mann, auf den sie ihr begehrliches Auge geworfen hat, sie vor seinen Töchtern verheimlicht.
Mit dem tragikomischen Film über eine Frau, die sich gegen die Zumutungen des Alters behauptet, begeisterte der chilenische Regisseur Sebastian Lelio 2013 bei der Berlinale gleichermaßen Publikum und Presse. In seinem eigenen Remake seines Frauenporträts verlegt er die Handlung von Santiago nach Los Angeles. Und er engagierte Julianne Moore für die Titelrolle. Lelio wollte mit dem Originalfilm eine Frau aus der Generation seiner Mutter porträtieren. Darüber hinaus sollte die nicht mehr junge, aber lebenslustige Gloria als Metapher für die soziale Unrast Chiles zu Zeiten Pinochets dienen. Ein tanzendes Skelett war damals die Schlüsselszene dieses Films, der nur vordergründig eine Liebeskomödie sein wollte. Derlei politische Anspielungen kommen im Remake nicht vor, was den Film auch leichtfüßiger macht. Julianne Moore ist im Vergleich zur chilenischen Schauspielerin Paulina García etwas zu vordergründig attraktiv. John Turturro vermittelt überzeugend die Tragödie eines alternden Mannes, der davon abhängig ist, dass andere ihn mögen und bewundern.
INFO: USA 2019. 104 Min. Von Sebastian Lelio. Mit Julianne Moore, John Turturro, Caren Pistorius.
Gloria - Das Leben wartet nicht
Filmkritik zu "Flatland"
Die Wüste ist so flach, sagt man in Südafrika, dass man die eigene Zukunft schon von Weitem sieht. Was die Protagonistinnen dieses Films betrifft, so sieht deren Zukunft nicht gerade rosig aus. Einmal mehr befasst sich die 32-jährige weiße Regisseurin Jenna Bass kritisch mit dem „Regenbogenimage“ ihrer Heimat. Mit jener Wunschvorstellung, wonach unterschiedliche Hautfarben und Kulturen ein Bild der Harmonie ergeben.
Drei starke Frauen stehen im Mittelpunkt: Eine junge Braut flieht nach einer brutalen Hochzeitsnacht gemeinsam mit einer Freundin, die gerade von einem schmierigen Trucker hochschwanger ist. Nachdem es im Affekt zu einem Mord kommt, werden die beiden von einer Polizistin verfolgt. Für eine Weile sieht es so aus, als könnte es zwischen der dunkelhäutigen Natalie und der hellhäutigen Poppie eine Freundschaft geben. Eine explosive und mitreißende Mischung – und etwas zu plakativ.
INFO: Südafrika/D/Luxemburg. 117 Min. Von Jenna Bass. Mit Nicole Fortuin, Izel Bezuidenhout, De Klerk Oelofse, Albert Pretorius.
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