Erfüllt hat er sich diesen Wunsch in der Zusammenarbeit mit der Band Sister Squares, die er mit seiner Frau Jenny Shore, deren Schwester Julie, der Sängerin Sara Dobbs und dem Schlagzeuger Miles Francis gegründet hat. Der variantenreiche Indie-Sound des Ensembles, der elektronische Experimente mit akustischen Piano- oder Gitarren-Passagen fusioniert, erinnert hier an New Order, dort an die Talking Heads und häufig an eine geradlinigere und teilweise auch tanzbarere Version von Arcade Fire. Letzteres nicht nur, weil Wills Stimme und Gesangsstil dem seines Bruders sehr ähnlich sind.
„Viele der Songs haben ein Gefühl wie im Traum“, erzählt der in New York lebende Musiker. „Das kommt vielleicht daher, dass ich versucht habe, etwas klassisch Romantisches zu schaffen, etwas wie Schiller. Ich habe Literatur studiert und für dieses Album alle in Büchern verfügbaren Gedichte von Emily Dickinson gelesen. Sie haben zwar die Songtexte nicht direkt beeinflusst, aber ich wollte ein Gefühl schaffen, das wie das Ur-Enkerl der Poesie des 19. Jahrhunderts ist.“
Vielleicht sind deshalb die meisten Texte weit weniger politisch (er hat auch Politikwissenschaft studiert), als man es von Butlers bisherigen Solo-Alben gewohnt war. Viel eher, sagt er, wollte er mit diesen Songs erforschen, was und wer er ursprünglich war – „bevor ich mich über diese Bildung selbst geformt habe“.
Der Song „Car Crash“ allerdings ist von der Straßenkreuzung vor seinem Haus in der Nähe des Greenwood-Friedhofs in Brooklyn beeinflusst: „Wir leben in einer ruhigen Wohnstraße. Allerdings liefern sich junge Leute dort um zwei Uhr nachts Rennen. Und weil es da auch eine Kreuzung mit einer belebten Straße gibt, kracht es sehr oft. Der Song beschreibt, wie die friedliche Nachtruhe von so einem brutalen Ereignis zerrissen wird.“
Musikalisch hat Butler die Traumqualität mit spielerischen Experimenten erzielt. Die Klavierballade „The Window“ zu Beispiel entstand, als Julie Shore das erste Mal nach dem Lockdown bei ihm zu Gast war.
„Das Klavier war drei Jahre nicht gestimmt worden. Aber wir wollten trotzdem Musik machen, und Julie spielte Chopin und Bach. Ich habe es aufgenommen und auf halber Geschwindigkeit abgespielt. Das hatte so ein tolles Feeling, dass wir daraus ,The Window’ machten.“
Für andere Songs experimentierte Butler mit Tonbandschleifen, die er von einem Tonbandgerät aus den 70er-Jahren über einen Mikrofonständer leitete, der weiter weg vom Gerät stand, damit sie lang genug sein konnten.
„Ich war bei den Aufnahmen zum letzten Arcade-Fire-Album ,WE’ noch dabei. Das wurde von Nigel Godrich produziert, und der hat immer solche Sachen gemacht, wenn er zwischendurch Zeit hatte. Also habe ich mir diese Vier-Spur-Tonbandmaschine, Tonbänder und eine Rasierklinge besorgt, damit Sachen aufgenommen, Schleifen gebastelt und die Bänder auch zerschnitten und anders wieder zusammengeklebt.“
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