Es werde Festspiel: Ouvertüre in Salzburg
Es gibt zwar vielleicht geeignetere Klimazustände als drückende Sommerhitze für die spirituelle Einkehr. Dennoch kollidiert die "Ouverture spirituelle", das besinnliche Musikvorspiel zu den Salzburger Festspielen, auf recht fruchtbare Weise mit den vielfältig leichten Gefühlen, die Sommerkultur ansonsten umwehen. So auch am Freitagabend beim ersten Konzert der letzten Saison unter Alexander Pereira.
Auftakt
Wie schon in den zwei Jahren zuvor hob man mit Haydns "Schöpfung" an. Diesmal, nach zwei historisch forschen(den) Interpretationen durch John Eliot Gardiner und Nikolaus Harnoncourt, gab es einen zwar klanggeschichtlich informierten, aber wirkungsorientierteren Zugang: Bernard Haitink leitete das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks durch eine klangschöne, als Festakt konstruierte Schöpfungswoche, die strahlte und glänzte.
Und die auch viel von jener plakativen Petitesse vermied, die das musikalisch penibel ausformulierte Weltengetier Haydns andernorts prägt. Hier stand die vielfältige Emotion der Entstehung der Welt im Zentrum, und nicht die lautgemalte Beiläufigkeit ihrer Bewohner.
Was schlüssig ist. Denn Haydn leuchtet die biblische Schöpfung mit aufklärerischem Licht aus: Hier wird die Natur geordnet, ihre Bewohner bekommen ihren rechten (hier auch: den verstandesmäßig erfassbaren) Ort zugewiesen.
Dass man sich diesem Vorgang mit einer größeren Emotionsbandbreite als dem Schöngesang nähern kann, das zeigte exemplarisch unter den Solisten der britische Tenor Mark Padmore: Er wusste das Wunderwerk mit all seiner Vielfalt spürbar zu machen.
Hanno Müller-Brachmann hingegen wählte den – vom Publikum geschätzten – gediegenen Erzählergestus des Liedsängers; Camilla Tillings Sopran kam besonders in den finalen Glücksbekundungen von Adam und Eva zur Entfaltung.
Eine reine Freude Chor und Orchester; aus dem kontrollierten Chaos der Vorschöpfungswelt ließ man nicht nur Welt, sondern auch Klangglück entstehen.
Zum Konzert gibt es gleich das Mitbringsel: In der selben Besetzung hat man vor wenigen Monaten die "Schöpfung" aufgenommen.
Zu Festspielbeginn hat also schon alles seinen rechten Platz: Der Löwe brüllt, der schnelle Hirsch erhebt sein zackig Haupt, Adam und Eva sind (noch) im Paradies.
Drumherum drehen die Society-Fotografen erste Runden, werden die Abendgarderoben an die frische Luft gebracht. Und man fühlte sich gleich bei den Festspielen angekommen.
KURIER-Wertung:
Zahlreiche der wichtigsten Produktionen der heurigen Salzburger Festspiele sind auch im ORF zu sehen bzw. zu hören. Zu den Highlights zählen die Übertragungen der Opern "Il Trovatore" mit Anna Netrebko und Placido Domingo und "Der Rosenkavalier" unter Dirigent Franz Welser-Möst sowie die Opernuraufführung "Charlotte Salomon" von Marc-Andre Dalbavie.
Die Verdi-Oper "Il Trovatore" wird am 9. August um 19 Uhr live auf Ö1 übertragen. Live-zeitversetzt ist die Aufführung am 15. August um 20.15 Uhr in ORF 2 zu sehen, ausgestrahlt wird sie auch am 17. August um 20.15 Uhr in ORF III.
Die Premierenaufzeichnung des Richard-Strauss-Klassikers "Der Rosenkavalier" steht am 2. August um 19.30 Uhr bei Ö1 auf dem Programm, TV-Ausstrahlungen sind am 18. August um 22.20 Uhr in ORF 2 und am 24. August um 20.15 Uhr in ORF III geplant. Zudem sendet Ö1 die Uraufführung "Charlotte Salomon" live am 28. Juli um 19 Uhr. Die offizielle Eröffnung der Festspiele wird am 27. Juli ab 11 Uhr in ORF 2 und 3sat übertragen.
Die Aufzeichnung der aktuellen "Jedermann"-Produktion mit Cornelius Obonya und Buhlschaft Brigitte Hobmeier aus dem Vorjahr wird am 20. Juli um 20.15 Uhr in ORF III ausgestrahlt.
Außerdem bietet der ORF u. a. Barbara Retts "Salzburger Festspielgespräche" (zehn Ausgaben ab 4. August, ORF III). Ö1 sendet aus der Mozartstadt insgesamt 22 Konzerte und Opern, sechs davon live.
Auf dem Höhepunkt werden die Natur und die Menschen euphorisch gefeiert."
Das gilt für das Sufi-Ritual, dessen Musik sich die heute startende "Ouverture spirituelle" zu den Salzburger Festspielen widmet. Und es ist zugleich die zentrale Frage, die die letzte Saison von Intendant Alexander Pereira beantworten wird: Die Aufreger sind leidlich ausgekostet. Jetzt geht es darum, ob die künstlerische Bilanz in Summe Grund zum "euphorisch Feiern" geben wird.

Es sind die Festspiele der Weichenstellungen: Pereira wechselt an die MailänderScala. Der Interimschef Sven-Eric Bechtolf, der die Festspiele 2015 und 2016 mit Präsidentin Helga Rabl-Stadler leiten wird, steht in den Startlöchern. Und der künftige Intendant Markus Hinterhäuser plant bereits für 2017. Heuer aber sind es die letzten Pereira-Spiele, und diese werden auf einige Zeit die spektakulärsten und aufwendigsten bleiben.
Denn ab 2015 treten die Festspiele, die zuletzt vom Streit um die eigene Größe geprägt waren, auf die Bremse. Das Programmangebot wird zurückgefahren, und es wird auch weniger Karten geben. Die "Ouverture spirtuelle" ist ebenso gestrichen wie der Festspielball.
Bilder: Höhepunkte 2014 in Salzburg und im TV
Heuer aber gilt noch einmal: nicht weniger, sondern mehr ist mehr. Am Beginn steht die "Schöpfung": Heute startet mit Bernard Haitink am Pult des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks die "Ouverture spirituelle", das Konzert-Vorprogramm zu den Festspielen. Es folgt der "Jedermann" (Premiere: Samstag), Cornelius Obonya geht in der Inszenierung von Julian Crouch und Brian Mertes in die zweite Spielzeit. Die kommende Woche ist geprägt von Konzerten mit Klassik und Sufi-Musik.

Und rund um die offizielle Eröffnung am 27. Juli gibt es die ersten der ganz großen Highlights. So geht mit "Don Giovanni" der Mozart/Da Ponte-Zyklus in die zweite Runde. Regie führt abermals Sven-Eric Bechtolf; Dirigent ist erneut Christoph Eschenbach. Ab 2015 kommen neben Eschenbach auch Dan Ettinger bei "Le nozze di Figaro" und Alain Altinoglu bei der "Così"-Wiederaufnahme zum Zug. Heuer steht am 28. Juli auch noch eine Uraufführung an: "Charlotte Salomon" von Marc-André Dalbavie (auch Dirigent) und in der Inszenierung von Luc Bondy.
Zum Strauss-Jahr gibt es einen neuen "Rosenkavalier" (Regie: Harry Kupfer, Dirigent: Franz Welser-Möst).
Ein Top-Spektakel wird Verdis "Il Trovatore" in der Inszenierung von Alvis Hermanis, mit Dirigent Daniele Gatti und den Superstars Anna Netrebko sowie Plácido Domingo. Im Schauspielbereich stehen Kraus’ "Die letzten Tage der Menschheit" im Zentrum; auf dem Konzertsektor bittet Starpianist Rudolf Buchbinder mit allen 32 Beethoven-Klaviersonaten zu einem Marathon.

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