"Es ist ein Wahnsinn, wenn es solche Missstände gibt"

Ein Mann mit Mütze gestikuliert während eines Gesprächs.
Der Musiker Herwig Zamernik alias Fuzzman tritt in der Justizanstalt Klagenfurt auf.

Es ist ein Konzert, das durch die aufgedeckten Missstände in Stein einen neuen Kontext bekommen hat: Am Freitag tritt Herwig Zamernik alias Fuzzman in der Justizanstalt Klagenfurt auf.

Im Publikum: Insassen der Justizanstalt und zwei Minister, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Kulturminister Josef Ostermayer, die in Kärnten auf Bundesländertour sind.

Der Termin stand schon fest, bevor die Missstände in Stein aufgedeckt wurden, sagt Zamernik im KURIER-Gespräch. "Aber es hat schon noch einmal ein Stück Brisanz dazubekommen, denn ganz ausblenden kann man so etwas nicht." Zamernik, u. a. auch mit der Band Naked Lunch bekannt, empfindet es als "Wahnsinn, wenn es in Mitteleuropa solche Missstände gibt. Es scheint mir wie bei der Medizin in der westlichen Welt: Eine Krankheit an sich wird nicht behandelt, sondern nur die Symptome. Straffällige werden in erster Linie weggesperrt, nicht resozialisiert, ebenso psychisch Kranke, weil es günstiger oder einfacher ist."

Tuchfühlung

Sein Konzert findet in der Kapelle des Gefängnisses statt: "Da wird der Altar verhängt, und es wird zu einem Veranstaltungssaal", sagt Zamernik. Und in dem ist man "auf Tuchfühlung" mit dem Publikum: "Das wird sehr spannend, und zwar nicht aus voyeuristischen Gründen, sondern weil das nicht irgendwelche Freigeister sind, die sich ein Ticket kaufen, zu einem Fuzzman-Konzert gehen und dann zu ,Haltet Abstand‘ Pogo tanzen. Das ist schon anders." Denn es "könnte auch gut sein, dass die das überhaupt nicht interessiert. Dass die sagen: ,Was will der Freak?‘" Teil des Konzerts wird auch der Gefängnischor der Justizanstalt sein. Bei diesem Projekt habe es anfangs Schwierigkeiten gegeben – mittlerweile aber erfreue sich der Chor großen Zulaufs. "Das finde ich schon stark", sagt Zamernik, "denn wo man singt, da lass dich ruhig nieder. Ich habe keine Berührungsängste."

Ob sein Konzert vor den Ministern darüber hinaus ein Signal an die Politik sein könnte, sich tiefer gehend mit dem Strafvollzug auseinanderzusetzen? "Der Fuzzman könnte sich irrsinnig wichtig nehmen und sagen: Jetzt zeige ich den Ministern, wie man mit Gefangenen umgeht, aber das wäre doch ein wenig albern. Es ist auf jeden Fall begrüßenswert, dass sie sich vor Ort selbst ein Bild machen", sagt Zamernik. "Und ich finde nicht, dass ein Konzert meinerseits einen pädagogischen oder resozialisierenden Aspekt haben muss. Denn es reicht, wenn es einfach unterhaltsam ist und den grauen Gefängnisalltag ein wenig erhellt."

Dass zwei Minister kommen, "ist für mich und meine Band (die sich treffenderweise ,The Singin Rebels‘ nennen) auf jeden Fall schräg und wohl auch ehrenvoll, aber berührend und eine ganz neue Erfahrung ist es, für Gefangene zu spielen."

Naked Lunch
Als Bassist der Indie-Band Naked Lunch ist Herwig Zamernik seit Jahrzehnten fixer Bestandteil der Kärntner und internationalen Musikszene. Die Band hat Kultstatus.

Fuzzman
Daneben lässt Zamernik unter seinem Pseudonym Fuzzman seit 2005 seiner Kreativität aber auch ein eigenes Ventil. Mit „Fuzzman & the Singin Rebels“ hat er bereits mehrere Alben aufgenommen.

Mehr Info www.fuzzman.fm

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