Rehabilitation der Schnecke

Ein animiertes Mädchen hält eine grüne Blüte, während eine animierte Schnecke sie ansieht.
Ein grüner Animationsfilm der „Ice Age“- und „Rio“-Macher mit Christoph Waltz’ Stimme.

Wir melden uns mit der Filmkritik diesmal aus dem innersten Grüngürtel. Rechtzeitig zur Gartensaison gibt es hier und heute nämlich einen Nacktschneckentext:

Wegschnecke, Ackerschnecke, Arten und Unarten gibt es viele. Aber so langsam können sie gar nicht vor sich hinschleimen: Nähern sie sich dem grünen Salat, wird der Mensch schnell zum Mörder.

Wie gut daher, dass es diesen Film gibt, der Nacktschnecken (vor allem sprechende) endlich aus ihrem Schattendasein holt: Witziger als in diesem Animationsabenteuer werden sie wohl nie mehr sein. Mub & Grub dürfen nämlich in „Epic“ heldenhafte Gralshüter einer magische Blüte sein und diese mit ihrem Schleim dauerbefeuchten. Bei Vollmond zur Sommersonnenwende muss diese aufblühen, sonst stirbt der ganze gute, grüne Wald.

Waldwinzlinge

Die schwarzen Mächte, angeführt von der Stimme des zweifachen Oscar-Gewinners Christoph Waltz (der seinen Bösewaldwicht im Englischen wie im Deutschen näselt) will dies natürlich verhindern, die Blüte an sich bringen und überall Fäulnis und Tod verbreiten.

Als „Avatar“ für Kinder ist dieser neue Animationsfilm der „Ice Age“- und „Rio“-Macher promoted. Und ja, für einen Film über das ökologische Gleichgewicht ist er wirklich sehr unterhaltsam. Ideen aus „Gullivers Reisen“ und „Die Borgers“ stecken darin. Steht doch der großen Menschenwelt („Die Stampfer“) im Wald eine Welt der Winzlinge („Leafman“) gegenüber.

Ein Elfenbogenschütze zielt mit Pfeil und Bogen in einem grünen Wald.
Filmseite
Der Anfang des grünen Spektakels muss auch gleich drei Ebenen verweben und ist daher prompt etwas sprunghaft geraten: Die Menschenwelt (verrückter Wissenschaftler, der als einziger seit Jahren an die Existenz der Waldwinzlinge glaubt) wird von seiner Teenager-Tochter besucht. Während die Leafmen mittels Blüte eine neue Blumen-Prinzessin küren müssen (Ebene 2) und die Bösen dies verhindern und alles Grün vernichten wollen (Ebene 3).

Die Botschaft ist tatsächlich klar wie „Avatar“: Man muss auch für fremde Welten Verantwortung übernehmen, solidarisch sein, Natur und Wald beschützen und an Dinge glauben, auch wenn man sie nicht sieht.

Und ja: „Ice Age“ war gut. „ Rio“ war gut. Wie gut muss erst „Epic“ sein? „Voll der Hammer“ – wie eines der kleinen Blumenmädchen einmal sagt – ist er nicht: aber charmant (mit einem großartigen dreibeinigen Mops als heimlichem Star) und nicht unwitzig. Auch wenn das Grün, das hier so grünt, vielleicht allzu giftgrün geraten ist.

KURIER-Wertung: **** von *****

Epic - Verborgenes Königreich. USA 2013. 91 Minuten. Von Chris Wedge.

Die Geschichte ist von Anfang an erwartbar, aber man wartet gerne: Darauf, wie eine nicht mehr junge Frau ihr ödes Leben in Estland aufgibt und als Pflegerin bei einer Dame in Paris anheuert. Und sich mit der Lady erst streitet und dann anfreundet. Jeanne Moreau als grantige Alte sieht in ihrem senfgelben Seidenpyjama aus wie eine Löwin, die jede Sekunde zum Sprung ansetzt. Ein gefühlvoll-witziges Frauenporträt, das zum Ende hin leider etwas verkitscht.

KURIER-Wertung: **** von *****

Eine Dame in Paris. F/BL/ Estland 2012. 94 Min. Von Ilmar Raag. Mit Jeanne Moreau, Laine Mägi.

Zuerst die romantische Liebesgeschichte zwischen Nico und Babs, wie sie im Buche steht: Schüchternes Kennenlernen, gemeinsames Ausgehen, dann der erste Kuss, gefolgt von tollem Sex. Im Liebesrausch wird ein Kind gezeugt. Allmählich allerdings lässt die Euphorie nach, vor allem dann, als der schwangere Bauch ins Unermessliche wächst. Aus der harmlosen romantischen Liebesgeschichte, wie sie im Buche steht, entwickelt sich eine standardisierte Abfolge von Eltern-Klisches – ebenfalls, wie sie im Buche stehen. Die Schwiegermutter ist ein Ekel. Der Kinderwagen klemmt immer. Und Stillen ist eine Form der Philosophie. Apropos Philosophie: Babs will eigentlich über Wittgenstein dissertieren, fällt aber der Stilldemenz anheim – und der Doktorvater wendet sich mit Grauen ab. Und, ach ja, Sex findet ebenfalls keiner mehr statt, weil das Kind ja immer in der Mitte des Bettes liegt. Schematisch klappert Regisseur Rémi Bezançon alle Standardsituationen der Kleinfamilie ab – ohne jemals genügend satirische Schärfe oder gar Tiefsinn zu erreichen.

KURIER-Wertung: *** von *****

Ein freudiges Ereignis. F/BL 2011. 107 MIn. Von Rémi Bezançon. MIt Louise Bourgoin, Pio MarmaÏ.

Ein Poltern an der Hoteltür, vermummte Männer mit Waffen im Zimmer: Zwölf Gäste eines Hotels auf der Ferieninsel Palawan werden von Mitgliedern der muslimischen Abu-Sayyaf-Gruppe gewaltsam verschleppt und als Geiseln genommen. Es folgt ein monatelanges Martyrium im philippinischen Dschungel, ein Kampf gegen die Repressalien der Kidnapper und gegen die Härten der Natur. Einige überleben ihn nicht.

Basierend auf einer wahren Begebenheit – der Dos-Palmas-Entführung im Jahr 2001 – inszeniert der philippinische Starregisseur Brillante Mendoza eine Tour de force durch den Dschungel, die – mit wackeliger Handkamera gefilmt – so hautnah ist, dass sie weh tut. Mendoza, der bekannt ist für seine schmerzlich präzise Dokumentationsarbeit, bringt hier nicht nur seine Darsteller, sondern auch die Zuschauer an ihre Grenzen, nimmt sie quasi auch in Geiselhaft.

Als perfekte Komplizin Mendozas erweist sich Isabelle Huppert, die eine der Geiseln spielt und noch nie so authentisch und pur zu sehen war. Harte Kost, aber durchaus sehenswert.

KURIER-Wertung: **** von *****

Captive. F/PHIL/GB/D 2012. 120 Min. Von Brillante Mendoza. Mit Isabelle Huppert, Marc Zanetta.

Avé

Drama: Ein Kunststudent will Bulgariens Hauptstadt Sofia verlassen und an einem Begräbnis am Land teilnehmen. Beim Autostoppen heftet sich eine lästige junge Frau an seine Fersen, deren Lügengeschichten mal komische, mal kritische Situationen provozieren. Melancholisch atmosphärisches Roadmovie, das in seiner Offenheit etwas unbefriedigend bleibt.

KURIER-Wertung: **** von *****

Der große Gatsby

Drama: Baz Luhrmann erzählt den Klassiker der US-Moderne als aufgeblasenes, pompöses Pop-Spektakel in 3-D: Leonardo DiCaprio brilliert trotzdem.

KURIER-Wertung: *** von *****

Evil Dead

Horror: Letzte Woche war im Filmcasino das Original von Sam Raimis Horror-Klassiker (1981) zu sehen. In einer einsamen Hütte im Wald verwandeln irrtümlich gesprochene Beschwörungsformeln Menschen in Zombies. Das Remake will zu viel , schlachtet zu viel und überhöht sich unfreiwillig zur Parodie.

KURIER-Wertung: *** von *****

Brain Damage

Horror: Auch kommenden Freitag zeigt das Filmcasino einen 80er-Jahre-Klassiker des Horrorfilms: „Brain Damage“ vom legendären Schundmeister Frank Henenlotter. Michael Glawogger wird präsentieren.

KURIER-Wertung: ***** von *****

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