Sie retten statt zu rächen

Zwei Polizisten zielen mit ihren Waffen auf ein Ziel außerhalb des Bildes.
"End of Watch" (mit Jake Gyllenhaal) besticht als einer der besten Polizeifilme seit Langem.

Ehrlich, wir waren des Polizeifilms schon ein wenig müde. Wie nach viel zu vielen Observierungsstunden mit viel zu viel Kaffee im Pappbecher. Viel zu viele gab es nämlich zuletzt, in denen Polizisten ihre Dienstmarke bloß für die Lizenz zum Töten nutzten. Und irgendwie haben wir daher schon länger auf diesen hier gewartet: Zwei Straßencops (so was von überzeugend: Jake Gyllenhaal und Michael Peña), denen ihre Mission richtig ernst ist. Sie schützen statt nur zu schießen, sie retten statt zu rächen, sie helfen und geraten so in Lebensgefahr.

Zugegeben, die beiden biegen sich dabei immer wieder ein paar Gesetze zurecht: Wenn etwa Michael Peña als Mexikaner, bei einer Verhaftung die Waffe ablegt und sich, um Dampf abzulassen, einen fairen Faustkampf mit einem kriminellen Schwarzen liefert. Mann gegen Mann, Auge um Auge. Aber insgesamt sind die beiden echte Helden des Alltags im LAPD, des berühmten Los Angeles Police Departement. Sie retten Kinder aus einem brennenden Haus oder befreien Mexikaner aus der Verschleppung und geraten überhaupt ununterbrochen in unglaublich gefährliche Situationen. Wären es nicht Gyllenhaal und Peña, man würde vielleicht die Hälfte davon glauben. Nebenbei, bei Kaffee im Pappbecher und tödlichen Schüssen, plaudern sie dann über Frauen und Ehefrauen; verlieben sich, heiraten – und filmen hobbymäßig ihre Einsätze.

So beginnt auch „End of Watch“: mit Selbstgefilmtem aus ihrem Alltag und das wirkt unalltäglich realitätsnah für das Genre des Polizeifilms. Drehbuchautor und Regisseur David Ayer weiß sichtlich, wovon er hier erzählt. Er hat sich als Autor unter anderem in „S.W.A.T. (2003) damit beschäftigt. „The End of Watch“ erzählt er im Stil einer Doku. Mit handverwackelter Kamera, provisorischen Bilder und Unschärfen. Zwar führt diese Ebene des Films im Film inhaltlich zu keiner weiteren Erkenntnis. Was Einwand Nummer 1 gegen diesen Thriller wäre. Aber immerhin führt es zu einem visuell coolen, autorenhaft Stil.

Einwand Nummer 2 ist (und wir hören mit Einwänden gleich wieder auf), dass es sich hierbei um ein Promotion-Video fürs LAPD handeln könnte. Doch das kann man mit diversen Todesfällen und Messern, die bei Einsätzen spektakulär in Augen von Polizisten stecken bleiben, entkräften. Am Ende hört der Film vielleicht noch ein wenig zu spät auf, dennoch darf er zweifellos die Dienstmarke für clevere Unterhaltung tragen.

KURIER-Wertung: **** von *****

Info: End of Watch: USA 2012. 109 Minuten. Von David Ayer. Mit Jake Gyllenhaal und Michael Peña.

Angel’s Share ist der Anteil der Engel am Whisky. Und das ist jetzt kein niedrig prozentiger Witz (in diesem an Witz reichem Film), sondern ein total ernster Fachausdruck. So nennen Whisky-Experten nämlich jene zwei Prozent, die im Jahr aus den Fässern geheimnisvoll verdunsten. In unserem Fall verhelfen die edlen Tropfen einer Gruppe von Kleinkriminellen (unter Aufsicht eines Sozialarbeiters) zu neuem Selbstbewusstsein – und mithilfe ein paar krummer Tricks auch zu neuem Geld.

Dabei handelt es sich bei aller hochprozentiger Heiterkeit um ein Sozialdrama wie es sehr typisch ist für den Briten Ken Loach. Er ist ja inzwischen sein eigenes Genre. Seine (meist großartigen) Darsteller kommen stets aus dem Proletariat, soziale Underdogs, Außenseiter der Gesellschaft. Diesmal fährt er damit wie schon in „Looking for Eric“ stramm Kurs Richtung „feelgood movie“. Bei den Filmfestspielen in Cannes konnte er damit den Jurypreis gewinnen.

KURIER-Wertung: **** von *****

Info: Komödie,  GB 2012. 101 Minuten. Von Ken Loach. Mit Paul Brannigan, John Henshaw, Jasmin Riggins

Dies ist ein Sing- und Tanzfilm der Generation 20 plus oder so. Es geht um rivalisierende A-cappella-Gruppen, und das ist zweifellos lustiger als sich duellierende Streichquartett-Banden.

Obwohl: Über die zugehörige Musik ließe sich streiten. Wie auch immer: Beca (die entzückende Anna Kendrick, bekannt aus „Twilight“ und oscarnominiert für „Up in the air“) ist am College eine Außenseiterin, die lieber Musik in ihren Kopfhörern hat als andere Mitmenschen. Sie landet – nicht ganz freiwillig – im Mädchengesangsverein „The Bellas“ und entdeckt wenig überraschend, dass sie ziemlich gut singen kann. Ein Pubertäts-Feelgood-Movie mit furiosen Mädchen unter der Regie von Jason Moore, der die TV-Serie Dawsons Creek zum Hit machte.

KURIER-Wertung: **** von *****

Info: Musical. USA 2012. 112 Minuten. Von Jason Moore. Mit Anna Kendrick.

Harald Friedl ist ein herrlich unaufgeregter Dokumentarfilmer. Sein „Aus der Zeit“ war eine melancholisch intelligente Zeitreise zu Geschäften, die es wohl bald nicht mehr geben wird. Jetzt hat der Österreicher wieder eine Reise gemacht, und zwar eine Glücksreise.

In Bhutan hat er acht Monate lang Beamte des Ministeriums für Glück begleitet, die im Auftrag der Regierung und mithilfe von Fragebögen versuchen, das Glück im Land zu ermitteln. Auf das sich der für lange Zeit abgeschottete Bhutan der Welt öffnen kann, ohne dem Materialismus zu unterliegen.

So schlagen die Glücksforscher ihre Zelte (in dem sehr gebirgigen Land auf) und fragen sich durch: „Was brauchen Sie, um glücklich zu sein?“ (und weitere 248 tiefer gehende Fragen).

Ist es ein Flugzeug? Ein Computer? Ein Kühlschrank? Ein Radio? Ist Glück, wenn man das Spital binnen weniger Minuten erreichen kann? Oder wenn die Regierung eine gute ist? Tausende Fragen, viele Antworte, ein schöner Film, der ein Bild vom Brutto-National-Glück zeichnet.

KURIER-Wertung: **** von *****

Info: Doku. Österreich 2012. 87 Minuten. Von Harald Friedl. Kamera: Helmut Wimmer.

"Jesus liebt mich"

Marie (Jessica Schwarz) verliebt sich in Jeshua, der aus Palästina kommt, wildfremden Bettlern die Füße wäscht und beim Moonlight-Picknick nicht ins Wasser springen kann – sondern nur darüberwandeln. Ja, Jeshua ist Jesus, der auf Erden kam, um diese auf den Weltuntergang vorzubereiten. Gemeinsam mit Gabriel, einem erzengelhaft betrunkenen Pfarrer (großartig: Henry Hübchen). Und ebenso großartig: Nikolaus Ofczarek als vor sich hin muffelnder Teufel. Florian David Fitz spielt Jesus und führte beherzt Regie. Nicht unintelligent unterhaltsam.

KURIER-Wertung: **** von *****

"Beasts of the Southern Wild"

Drama. Wie in einem explodierenden, surrealen Gedicht erzählt US-Regisseur Benh Zeitlin aus der Perspektive eines kleinen Mädchens vom Leben der Sumpfbewohner im Süden Louisianas, das ständig von Hochwasserkatastrophen bedroht ist.

KURIER-Wertung: **** von *****

"Die Hochzeit unserer dicksten Freundin"

Komödie: Wenn sich ausgerechnet die Dickste aus der alten Freundinnenclique einen Traumman angelt, ist Zickenalarm angesagt. Da werden die Freundinnen zu Hyänen. Komödie vom Reißbrett.

KURIER-Wertung: *** von *****

"Die Abenteuer des Huck Finn"

Kinderfilm: Tom Saywer hat es schon hinter sich, jetzt folgt Mark Twains Huckleberry Finn als allzu glatte Verfilmung.

KURIER-Wertung: *** von *****

"Jab Tak Hai Jaan"

Bollywood: Shah Rukh Khan spielt mal wieder in einem Bollywoodfilm mit – aber diesmal in dem von Yash Chopra, König der traditionellen Bollywood-Romantik. Es soll angeblich sein letzter Film sein. Wer’s mag.

KURIER-Wertung: *** von *****

"Sammy Abenteuer 2"

Animation: Die zwei Schildkröten Sammy und Ray werden von Fischern gefangen und zur Touristenbelustigung an ein Aquarium verkauft. Mit Hummer und Blobfisch wollen sie flüchten. Nettes Kino für die Kleinsten.

KURIER-Wertung: **** von *****
 

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