Elisabeth R. Hager: Wunderbares mit Urgroßvaters Gebiss

Elisabeth R. Hager: Wunderbares mit Urgroßvaters Gebiss
"Fünf Tage im Mai" handelt von einer selten schönen Freundschaft in Tirol.

Während der Erstkommunion ist es nicht so günstig, kotzen zu müssen.
Illy muss trotzdem.
Sie läuft aus der Kirche – und draußen ihrem Urgroßvater in die Arme. Den hat die Siebenjährige mehr lieb als andere: Wieso war er nicht in der Kirche? – „Ich hab die Zähn’ nit g’funden.“
Illy wird ihm suchen helfen, bevor sie zurück in die Kirche geht. Das Gebiss wird wohl unter einer Zeitung liegen: Tat’ka, wie sie ihn nennt, Väterchen, reinigt es mit Zeitungsseiten. (Schön zu hören!) Es ist schon vorgekommen, dass Illy, öffnet Opa den Mund, von der Druckerschwärze ein F auf seinen Zähnen gesehen hat.
Das ist zwar ralitätsfern, aber mich unterhalt’s (= von Nestroy geborgt).

Hühnerleiter

„Fünf Tage im Mai“  ist eine Geschichte des Heranwachsens vor der Kulisse des Wilden Kaiser. Dann ist es die Geschichte einer Freundschaft, wie man sie nicht oft in der Literatur findet.
Urgroßvater – Urenkel.
Beide eigenwillig. Beide können  zuhören  (Ausnahme: Illy  im Teenageralter). Beide haben eine tragische Liebe erlebt. Bei jener von Illy sind wir direkt dabei.
Der Roman ist ein  Seelentröster auf hohem Niveau. Fast wäre er  so etwas wie ... Wellness. Aber das geht schon deshalb nicht, weil das Leben (auch im Buch) manchmal wie eine Hühnerleiter ist.  
Kurz und beschissen.
Kleine Ungeschicklichkeiten verzeiht man der mit ihrer Familie in  Berlin und Neuseeland lebenden Tirolerin Elisabeth R. Hager gern, weil das große Ganze stimmt.
„Fünf Tage im Mai“ ist ihr zweiter Roman. Zu vier Wertungssternen kommt ein halber als Ansporn dazu, denn der Weg, auf dem sie geht, bietet  herrliche Aussichten.
Hager  hat nicht den eigenen Urgroßvater porträtiert. Obwohl ihrer auch in St. Johann lebte und Fassbinder war und klug.

Tausch

Ihre „fünf Tage im Mai“ sind erfunden. Sie sind auf fast 20 Jahre verteilt. 8. Mai 1986 bis 18. Mai 2004. Im Anfangskapitel mit Erstkommunion ist Tat’ka 81, am 100. Geburtstag wird sein Begräbnis sein.
Und eine beruhigend schöne Grabinschrift lernen wir kennen, von Michelangelo, der auch Gedichte schrieb: „Ich bin nicht tot, ich tauschte nur die Räume. Ich leb in euch, ich geh in eure Träume ...“

Elisabeth R. Hagers allererster Roman heißt "Kometen" und ist im Wiener Milena Verlag erschienen (19,90 Euro): Eine Frau sucht ihren Vater und findet immerhin sich selbst.

Elisabeth
R. Hager: „Fünf Tage im Mai“
Verlag
Klett-Cotta.
221 Seiten.
20,60 Euro.

KURIER-Wertung: **** und ein halber Stern

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