Im Wiener Konzerthaus: Die Radikalität einer stillen Gigantin

Von: Susanne Zobl
Die Pianistin Elisabeth Leonskaja die „Grand Dame“ ihres Fachs zu nennen, ist eine Untertreibung. Als eine Art stille Gigantin präsentierte sie sich bei ihrem Solo-Abend im Mozart-Saal des Konzerthauses. Sie braucht keine Show, sie überwältig mit ihren konsequenten Interpretationen, die keinen Einspruch dulden. Seit Jahrzehnten geht sie scheinbar unbeirrt ihren Weg. Immer trifft sie dabei auf Beethoven. Im November steht ihr 80. Geburtstag bevor, möglicherweise ein Grund, dass sie sich dessen letzten drei Klaviersonaten erneut vornimmt.
Oft wird über die Einteilung in Gruppen von Beethovens Sonaten diskutiert. Bei den letzten drei aber ist erwiesen, dass sie als Einheit konzipiert sind. Leonskaja führt das in ihrer Interpretation vor. Die erste in E-Dur, op. 109, beginnt sie unvermittelt mit Frohsinn, spielt mit gewaltigem Ausdruck, setzt auf ein subtiles „Stop and Go“, fasziniert in den schnellen Passagen und generiert ein Höchstmaß an Kantabilität.
Das übernimmt sie in die As-Dur-Sonate mit natürlicher Selbstverständlichkeit. Mit Noblesse changiert sie zwischen zarter Poesie und Dramatik. Diese setzt sie in der Sonate in c-Moll mit einer Radikalität fort, die einen in eine Welt reißt, die aus den Fugen geraten zu sein scheint. Im zweiten Satz des Opus 111 lässt sie ihr Klavier im besten Wortsinn den nächsten Gesang anstimmen. Das klingt wie sanfter Trost. Virtuos schließt sie mit dem Finale den Kreis.
Den Ovationen antwortet sie mit einem Satz aus der „Sonata facile“ von Mozart.
Kommentare