Der Jahrhundert-Skandal

Ekstase (A/CSSR 1933, Regie: Gustav Machaty) Hedy Lamarr / aka: "Symphonie der Liebe", schwimmen, in Wasser liegen, treiben lassen, Frau in Wasser, nackt / Kino-Erotik , Skandal-Film
Ein Film zeigte vor 80 Jahren die erste Nacktszene.Und machte die Wienerin Hedy Lamarr weltberühmt.

Man muss sich vorstellen, dass Kleider damals hochgeschlossen zu sein hatten und es schon als lasziv galt, wenn Frauen Röcke trugen, die einen Blick auf ihr Knie zuließen. Und genau in dieser Zeit kam ein Film in die Kinos, in dem ein 19-jähriges Mädchen völlig nackt einen Badesee durchschwimmt und diesem ebenso hüllenlos entsteigt. Es war der erste Skandal des jungen Tonfilms – und er machte die Wienerin Hedwig Kiesler, die sich später Hedy Lamarr nannte, über Nacht weltberühmt.

Liebesszene

Es ist jetzt 80 Jahre her, dass die Welt ob des Nackt-Skandals in Ekstase geriet – und das war auch der Titel des Films. Denn nicht genug damit, dass die junge Schönheit sich völlig entblößt zeigte, kam es auf der Leinwand auch zu einer Liebesszene, die ihre sexuelle Erregung eindeutig machte.

Dem Skandal folgt, was folgen musste: Die 1914 in Wien geborene Tochter eines Bankdirektors erobert Hollywood. Doch vorher erlebt sie noch Teil eins ihrer persönlichen Tragödie, die der „Ekstase“-Filmhandlung (siehe Kasten rechts) nicht ganz unähnlich ist: Ein Kinobesucher verliebt sich in Hedwig Kiesler und macht ihr einen Heiratsantrag. Er heißt Fritz Mandl, ist Patronenfabrikant und einer der reichsten österreichischen Industriellen der Zwischenkriegszeit. Die 19-Jährige, völlig unerfahrene Hedwig sagt Ja und erlebt einen krankhaft eifersüchtigen Ehemann, der sie in seinem Jagdschloss im niederösterreichischen Schwarzau wie eine Gefangene hält und ihr die weitere Ausübung ihres Berufs verbietet. Er kauft die „Ekstase“-Kopien auf, weil nur er seine junge Frau hüllenlos sehen darf.

Mussolini und Hitler

Dies erfährt Italiens Diktator Mussolini, der auf den Fabrikanten schlecht zu sprechen ist, weil Mandl ihm eine große Patronenlieferung zugesichert hat. Als die Munition statt zum „Duce“ nach Rom zu Hitler nach Berlin gelangt – weil der „Führer“ mehr zahlte – schwört Benito Mussolini Rache. Und lässt in allen Kinos von Rom eine Woche lang „Ekstase“ spielen.

In Nazi–Deutschland hat man den Film erst zwei Jahre nach den Uraufführungen in Wien und Prag zugelassen – und auch das nur in einer um die „heiklen“ Szenen verkürzten Version, die unter dem unverdächtigeren Titel „Symphonie der Liebe“ lief. Wobei Propagandaminister Goebbels entgangen sein muss, dass die Hauptdarstellerin Jüdin war. Sonst wäre der Film sicher nicht in die deutschen Kinos gelangt.

Die Flucht

Der Jahrhundert-Skandal
Hedwig Mandl geb. Kiesler verzweifelt indes in ihrer Ehe, bricht 1937 aus ihrem goldenen Käfig aus und lernt auf der Flucht in die USA am Schiffsdeck den MGM-Studioboss Louis B. Mayer kennen, der ihr einen Siebenjahresvertrag gibt. Ihr Name wird auf Lamarr geändert, die PR-Abteilung von Metro-Goldwyn-Mayer ernennt die Wienerin zum Sexsymbol und zur schönsten Frau des 20. Jahrhunderts.

Sie dreht in Hollywood 25 Filme, an der Seite von Clark Gable, James Stewart und Spencer Tracy, hat zahllose Affären – unter anderen mit Orson Welles – und genießt den Star-Rummel.

So großzügig die Traumfabrik sein mag, wenn sie jemanden braucht, so brutal kann sie werden. Ein Sexsymbol darf nicht altern. Also findet die 35-Jährige 1949 kein Engagement mehr. Teil zwei der persönlichen Tragödie.

Doch die technisch überaus begabte Schönheit hatte sich noch in ihrer Blütezeit einen „Zweitberuf“ geschaffen. Im US-Patentamt ist unter der Nummer 2,292.387 eine „Funksteuerung für Torpedos“ registriert, die gegen Hitler eingesetzt werden sollte. Zwar erreichte die Erfindung im Krieg noch keine strategische Bedeutung, sie wurde aber später als genial erkannt und ermöglicht bis zum heutigen Tag den störungsfreien Handy-Betrieb. Hedy Lamarr lieferte auch die Basis zur Entwicklung von GPS-Systemen und ferngesteuerten Präzisionsbomben, wie sie im Irak-Krieg zum Einsatz kamen. Doch die Patentrechte waren, als ihre Erkenntnisse umgesetzt wurden, bereits abgelaufen und sie bekam keinen Cent.

Im Privatleben versagt sie total. Ihre sechs Ehen hielten jeweils ein bis zwei Jahre und nach der letzten kam der tiefe Fall. Hedy Lamarr wurde zwei Mal als Ladendiebin erwischt und verurteilt. Der Tragödie dritter Teil.

Schönheit als Fluch

Zuletzt lebte sie in Florida, bis zur Unkenntlichkeit durch Faceliftings entstellt. „Schönheit ist ein Fluch“, sagte sie und litt unter jeder Falte. Sie stirbt am 19. Jänner 2000 im Alter von 85 Jahren.

Zweifellos hat „Ekstase“ das Leben der Hedy Lamarr bestimmt. Ihr in den USA lebender Sohn Anthony Loder behauptet, die legendäre Aktszene sei gegen den Willen seiner Mutter entstanden, da sie ihren Badeanzug erst abgestreift hätte, als die Szene fertig gedreht war, und sie wusste nicht, dass die Kamera weiter lief. Diese Erklärung ist nicht sehr glaubwürdig, da das Nacktbad mehrere Minuten dauert und sie es wohl hätte bemerken müssen, so lange gefilmt zu werden.

Ob freiwillig oder nicht: Hedy Lamarr hat mit dieser einen Szene Filmgeschichte geschrieben.

„Ekstase“: Ein Film schockiert die ganze Welt

Der Inhalt von „Ekstase“ schockierte 1933 die Welt: Eva (Hedwig Kiesler) heiratet einen Mann, der reich, aber seelisch grausam ist, weshalb die junge Frau in ihr Elternhaus zurückkehrt.

Kaum angekommen, reitet sie mit ihrem Pferd aus, entledigt sich an einem kleinen See all ihrer Kleider und schwimmt wie Gott sie schuf. Wie’s der Zufall (und Regisseur Gustav Machatý) wollen, läuft das Pferd mit ihrer Wäsche davon, wird aber von einem netten jungen Mann namens Adam aufgehalten.

Liebesnacht

Adam gibt Eva ihre Hüllen zurück. Sie ist dankbar und verliebt sich in den Retter des Gewandes. Unterdessen begeht ihr verzweifelter Ehemann einen Selbstmordversuch, der aber erfreulicherweise misslingt. Mittlerweile kommt es zwischen Adam und Eva zu einer ekstatischen Liebesnacht wie man sie nie zuvor im Kino gesehen hatte.

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