Eine Zimmerschlacht der tragikomischen Art

Eine Laufmasche kann eine Tussi wie Ines schon an den Rand eines Nervenzusammenbruchs bringen. So wie der quengelnde Quälgeist von einem Kind im abendlichen Machtkampf um Naschereien und Gutenachtgeschichten seine Eltern in eine Ehekrise kippt. „Drei Mal Leben“ ist sicher nicht das beste von Yasmina Rezas Stücken.

Aber wie sich die vier Figuren im Stadttheater Walfischgasse konsequent in den Wahnsinn treiben, hat Witz und Spannung. Umso mehr, als Michael Gampe die Allianzen und Manöver in den Kämpfen um Ruhm, Zukunft, Sex und Selbstachtung nicht wohltemperiert, sondern handfest in Szene setzt.

Oliver Baier überzeugt als skrupulöser Henri, dem in einem Orchideenthema verfangenen Astrophysiker, der zuerst kein Format, dann keine Manieren und schließlich keine Hoffnung hat; Barbara Horvath als seine Frau Sonja hat im Desaster den Durchblick, sagt allen alles bis zur Peinlichkeit ins Gesicht und übersetzt ihre Hysterie in allzu hölzerne Bewegungen.

Nicolaus Hagg brilliert als gefühlsabstinenter, selbstgefälliger Zyniker ebenso wie Sinikka Schubert als exaltierter Blondinenwitz. So beginnt die Zimmerschlacht, bei der sich in drei Versionen die Machtverhältnisse ständig ändern. Am Ende bleiben betrunkene, verletzte Menschen zurück, einsam und hilflos ihren Frustrationen überlassen. Und die Frage ist: Wie anders wäre mein Leben gelaufen, wäre ich an diesem einen Abend souveräner gewesen?

KURIER-Wertung:

Szenenfotos aus "Drei Mal Leben"