Eine umgetopfte "Alte Dame"

Mehr Glück hätte man Zeno Stanek zum Auftakt seiner Intendanz in Stockerau gewünscht: Aufgrund der Wetterlage musste er seine Antrittsinszenierung von Dürrenmatts „Der Besuch der alten Dame“ ins Z 2000 umdirigieren. Der Verlust der Szenerie mit der Stadtpfarrkirche und die Atmosphäre der Mehrzweckhalle gingen an die Substanz des Abends.
Für die Geschichte der Claire Zachanassian, die als Milliardärin in ihre Heimatstadt Güllen zurückkehrt, um sich späte Rache an ihrem Ex-Geliebten Alfred Ill zu erkaufen, steht mit Anne Bennent eine großartige Protagonistin zur Verfügung. Sie stellt nicht nur die Despotin auf die Bühne, präsent ist auch die Aura des Mädchens, das sie einmal war – genauso wie die Möglichkeit der Frau, die sie unter anderen Voraussetzungen hätte werden können.
Stärkstes Bild: In der Peter’schen Scheune, einem alten Treffpunkt mit Ill, steht sie in einem Brautkleid und intoniert auf dem Saxofon eine herzzerreißende Elegie auf den Tod der gemeinsamen Tochter. Das Instrument mutiert zum Kind, sie wiegt es im Arm – und legt es letztlich zu Ill in den Sarg.
In Claires Hofstaat brillieren die Eunuchen Koby und Loby (Paola Aguilera und Rebecca Döltl) und der Butler von Karl Ferdinand Kratzl. Die Facetten Ills kann Charly Rabanser nur bedingt entfalten. Im Ensemble der Güllener haben Robert Reinagls Bürgermeister und Klaus Huhles Lehrer die stärksten Momente. Das Pflänzchen der Produktion wirkt durch das Umtopfen noch zerzaust. Sicher entfaltet es sich im Freien schöner.
KURIER-Wertung: *** von *****
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