Eine Telefonstunde, die unter die Haut geht

Nahaufnahme einer lächelnden Frau mit lockigem Haar und Ohrring.
Kritik: Menottis Opera buffa "The Telephone" wurde am Dienstag inmitten der Kulissen der "Le Comte Ory"-Produktion gezeigt.

Das Fräulein vom Amt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein begehrter Beruf. Längst ist die Telefonistin passé. Und wer erinnert sich im Zeitalter von iPhone und Co noch an Philipp Reis und Alexander Graham Bell? Das Phänomen der „Telefonitis“ ist aber keineswegs eine Erscheinung unserer Gesellschaft.

Siehe Gian Carlo Menottis Opera buffa „The Telephone“, geschrieben 1947. Das Theater an der Wien zeigte das Werk am Dienstag inmitten der Kulissen der aktuellen „Le Comte Ory“-Produktion. Der aus Italien stammende Komponist Menotti machte sich auch als Regisseur einen Namen. An der Wiener Staatsoper inszenierte er etwa in den 1980ern Rossinis „La Cenerentola“.

„The Telephone“ ist ein Zweipersonenstück, in dem die Quasselstrippe Lucy (ausgezeichnet: Jennifer Davison) durch ständiges Telefonieren fast den Heiratsantrag ihres Liebsten (gut: Klemens Sander) untergräbt. Ein harmloses Stückchen Musiktheater, ein Leichtgewicht verglichen mit Francis Poulencs „La voix humaine“, dem Hauptwerk des Abends.

Die Textvorlage stammt von Jean Cocteau. Eine verzweifelte Frau versucht mit letzter Kraft, ihren Geliebten zu halten. Sie spricht mit ihm am Telefon. Ein aufwühlender Monolog, den Angelika Kirchschlager zu gestalten versteht. Mit zurückgenommener Gestik, ohne Requisiten. Die „menschliche Stimme“ steht im Mittelpunkt. Und vor allem die magische Musik des Francis Poulenc, gespielt von dem sehr guten Wiener KammerOrchester unter Stefan Vladar.

KURIER-Wertung: *** von *****

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