Ein Messias inmitten familiärer Verstrickungen
Maria Bengtsson in „Messiah“
Ein Begräbnis. Im Sarg ein Selbstmörder. Eine Trauergemeinde. Die Witwe, die zuvor Zuflucht beim Schwager gesucht hat. Dessen Frau, die die Affäre duldet. Der andere Bruder, das schwarze Schaf der Familie. Der Priester, der sich Mut antrinkt, bevor er den anderen Trost zuspricht. Wie konnte es so weit kommen? Claus Guth, Konrad Kuhn und Christian Schmidt haben familiäre Verstrickungen mit Georg Friedrich Händels "Messiah" verknüpft.
Bereits 2009 fand diese szenische Umsetzung im Theater an der Wien enormen Zuspruch. Das Libretto von Charles Jennens verbindet Stellen des Alten und des Neuen Testaments mit freier Dichtung. Der Stoff, der auf keine liturgische Form passt, hebt das Werk von vergleichbaren Oratorien ab. Claus Guths Fassung durchbricht diese Abstraktheit.
Für den OsterKlang 2014 hat Roland Geyer die Produktion nun wieder an die Linke Wienzeile geholt. Auch die Wiederaufnahme erntete am Montag begeisterten Applaus. Auf der Bühne agierte ein ausgezeichnetes Ensemble: Florian Boesch, Maria Bengtsson, Ingela Bohlin, Bejun Mehta und Charles Workman ließen stimmlich wie darstellerisch keine Wünsche offen. Im Graben zelebrierten Christophe Rousset und sein gefühlvoll musizierendes Barockensemble "Les Talens Lyriques" Händels Musik. Der französische Dirigent kostete die Partitur voll aus, vereinzelt traten in dem zweieinhalbstündigen Werk dadurch jedoch Längen auf. Das aber nur am Rande.
Eine famose Leistung vollführte der Arnold Schoenberg Chor, der auswendig sang und noch dazu meist mit einer komplexen Choreographie (Ramses Sigl) und Gestik beschäftigt war. Über diesen Regieschachzug lässt sich wohl am meisten diskutieren. Dienlich sind die "Ablenkungen" für das klangliche Ergebnis der ohnehin schwierigen Chorsätze nämlich nicht. Sonst sind die eingezogenen visuellen Ebenen (Gebärdendarstellerin Nadia Kichler und Tänzer Paul Lorenger) durchaus vertretbar. Bestechend sind Konzept und Ausführung der von Guth & Co. kreierten Geschichte. Bis ins kleinste Detail wurde gewissenhaft gearbeitet: selbst der Türdrücker folgt Händels Musik.
KURIER-Wertung:
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