Dunkle und helle, süffige und wirkungsvolle Klänge bei den Festspielen Erl

Scharfzackig und gefährlich sind die großen, zerbrochenen Spiegel. Sie umgrenzen den Abgang im Boden von "Herzog Blaubarts Burg", der in eine geheimnisvolle Unterwelt führt. Es ist das Seelengefängnis, von wo seine sämtlichen, von ihm ermordeten Frauen in teils lasziven Kostümen (Lenka Radecky) der Reihe nach erscheinen.
Die Burg selbst ist der nur mit schwarzen Tüchern begrenzte Bühnenraum (Jan Hax Halama), der passend zum Handlungsverlauf mit diversen Lichtstimmungen schwach ausgeleuchtet wird.
Nichthandlung
Es gilt als äußerst schwierig, Béla Bartóks einzige Oper, nach einem alten Märchenmotiv über einen frauenmordenden Ritter, wegen ihrer "Nichthandlung" wirkungsvoll in Szene zu setzen. Deswegen reduziert Gustav Kuhn bei der Wiederaufnahme dieser anlässlich der Eröffnung des neuen Erler Festspielhauses 2012 bereits inszenierten Oper die Handlung auf ein Seelendrama, auf die Konfrontation zwischen Blaubart und Judith, betont die erotischen Momente und setzt auf Symbole.
Bartók ignorierte bewusst die meisten Opernkonventionen seiner Zeit. Auch die beiden Stimmen sind keineswegs auf herkömmlich opernhafte Weise geführt. Blaubart wird von Andrea Silvestrelli etwas verschattet, aber markig und mit kolossaler Tiefe gesungen. Marianna Szivkova singt die Judith klar und facettenreich. Sie ist eine Domina, die ihn mit ihrer "Liebe" quält und diese als Druckmittel zur Herausgabe der Schlüssel für die Türen, hinter denen sich Geheimnisse verbergen, einsetzt.
Das eigentliche Drama spielt sich jedoch im Orchester ab. Dort erlebt man das riesig besetzte Ensemble der Festspiele Erl unter Tito Ceccherini mit einem süffigen und differenzierten, überwiegend dunklen Klang, mit Farben- und Detailreichtum.
Orff als zweiter Teil
Danach wurde der einaktigen Oper Bartóks nicht, wie sonst üblich, eine weitere Oper hinzugestellt, sondern "Carmina Burana" von Carl Orff, im alten Passionshaus. Das zu den meistgespielten Chorwerken der Moderne zählende Stück erklingt unter Gustav Kuhn am Pult mit all seiner mitreißenden klanglichen, dynamischen und rhythmischen Vielfalt. Orchester und Festspielchor, dessen Artikulation beim Sopran verbesserungswürdig erscheint, und Tölzer Knabenchor werden souverän zusammengehalten.
Gefühlvoll und glockenrein singt Anna Princeva die Sopranpartie. Den schwierigen Baritonpart singt Michael Kupfer differenziert, aber mit etwas zu kleinem Volumen. Markus Herzog interpretiert den auch für einen Tenor in der Höhe kaum singbaren "gebratenen Schwan" fast mühelos.
In beiden Fällen großer Jubel.
KURIER-Wertung:
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