Die Tennisspieler - Von Lars Gustafsson

Ein älterer Mann mit weißem Haar und Bart in einem Anzug.
"Die Tennisspieler" ist ein gerade einmal 100-seitiges literarisches Kleinod, ein federleichtes Sommerbuch der herrlichsten Art.

Lars Gustafsson war lange Zeit – von Astrid Lindgren einmal abgesehen, und bis Krimiautoren wie Henning Mankell ihm den Rang streitig machten – wohl der international bekannteste Schriftsteller Schwedens. Vor allem in den siebziger Jahren begeisterten seine Romane "Herr Gustafsson persönlich", "Wollsachen" oder "Tod eines Bienenzüchters" ein breites Publikum.

Auch "Die Tennisspieler" stammt aus dieser Zeit, ein gerade einmal 100-seitiges literarisches Kleinod, ein federleichtes Sommerbuch der herrlichsten Art. Geschrieben in der Ich-Perspektive und in deutlich autobiografischem Duktus: Erzähler ist der schwedische Geisteswissenschaftler Lars, der eine Gastprofessur an der Universität Austin wahrnimmt. Er gibt Seminare über Nietzsche und Strindberg, genießt den Sommer und vor allem seine hier, im fernen Texas, neuentdeckte Freude am Sport. Aber keine Sorge – man muss kein Tennis-Fan sein, um die geschliffene Prosa Gustafssons genießen zu können. Dieses Spiel ist gleichsam nur ein Leitmotiv der Geschichte, das in die tiefgründige Plauderei des Autors einführt. So beschreibt Lars den Moment des Aufschlags im Tennis, lässt den Ball aber in der Luft verharren und bricht in der Erzählung ab. Erst viele Seiten später wird die Story weitergeführt und der Schläger knallt auf den Tennisball. Ironisch kommentiert Lars: "Und tatsächlich ist er (der Ball) ein ganzes Kapitel über an einem strahlenden, zartblauen texanischen Winterhimmel hän­gengeblieben." Es sind diese Vexierspiele, dieses Verzerren und Ausfransen der Wirklichkeit, die den besonderen Reiz des kurzen Romans ausmachen. Gekonnt vermischt Gustafsson, der tatsächlich von 1983 bis 2006 an der Universität in Austin lehrte, Realität und Dichtung.

Die Tennisspieler - Von Lars Gustafsson
Ein Königreich für ein Bild!

2011 feierte der schwedische Autor seinen 75. Geburtstag. Sein weitgefächertes Werk umfasst mehr als sechzig Bücher und die unterschiedlichsten Gattungen. Ob Roman, Erzählung oder Theaterstück, ob Essay, wissenschaftlicher Aufsatz oder Lyrik – immer wieder vermag Gustafsson mit seiner bildmächtigen Sprache zu verzaubern und hunderterlei Gedanken auszufächern.

Der 1936 in Mittelschweden geborene Gustafsson sieht sich selbst ohnehin mehr als Philosoph denn als Schriftsteller – für ihn ist die Literatur eine Art Vehikel für seine philosophischen Gedanken. Und so bricht auch in "Die Tennisspieler" die Idylle der texanischen Wüste auf: Professor Lars bringt die Welt – in einem herrlich skurrilen Einfall Gustafssons – an den Rand des Dritten Weltkrieges. Einer seiner studentischen Tennispartner arbeitet am Zentralcomputer der amerikanischen Luftabwehr und erklärt sich bereit, ein bisschen Rechenkraft zu opfern – heimlich natürlich. Der Computer soll die gesammelten Schriften von Strindberg abgleichen und analysieren, was prompt zu einem Systemausfall führt. Nicht umsonst sind die sieben Kapitel des Buches mit an Wagner orientierten Titeln versehen: Am Ende steht eben die Götterdämmerung …

So sind es nicht nur Tennisbälle, die den Leserinnen und Lesern um die Ohren fliegen, sondern auch amüsante und nachdenkliche Überlegungen zu Literatur und Musik, zu Sport, Kybernetik oder den Unterschieden zwischen Europa und den USA. Gustafsson schrieb diese Austin-Geschichte mit "Windy erzählt" (1999) und "Der Dekan" (2003) weiter – zusammen bilden die Bücher seine großartige "Amerika-Trilogie". Die späteren Bände sind düsterer, schaffen aber wie "Die Tennisspieler" ein seltenes Kunststück: Mit intellektuellem Charme, voller Ironie und Lust, große Gedanken mitzuteilen.

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