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Die Parteichefin als Kriminalschriftstellerin
Was macht ein Abgeordneter nachts mit Sonnenbrille im Parlament? Eben erschienen: "Wassermann" von Maria Stern.
Nachts saugt Frau Romanova, seit 20 Jahren Putzfrau im Parlament, die roten Teppiche. Dem Abgeordneten, den sie zu solch später/früher Stunde begegnet, noch dazu in einem Trakt, in dem er nichts zu suchen hat, ist das höchst unangenehm. Und wieso trägt er Sonnenbrille?
Jetzt redet er Frau Romanova amikal an, er erzählt ihr vom bevorstehenden Parlamentsumbau, er geht mit ihr aufs Dach, um ihr die Schäden zu zeigen.
Dann stößt er sie hinunter, und jetzt kann man raten: Wird das ein „linker“ Abgeordneter sein?
Zweiter Fall
Kleine Hilfe: So beginnt der Krimi „Wassermann“, den
Maria Stern kurz vor ihrer politischen Karriere geschrieben hat ... und der diese Woche im kleinen, emsigen Wiener Verlag Wortreich erschienen ist.
Maria Stern, die Frau, die es als „zutiefst feministischen Akt“ bezeichnet hat, zugunsten von Peter Pilz auf ihr Nationalratsmandat zu verzichten.
Maria Stern, die neue Parteichefin der Liste Pilz.
Anfangs bekommt man Angst beim Lesen. Nicht wegen des Mordes. Aber es glänzen „die silbernen Flügel einer Boeing über dem tiefen Blau des Meeres, das sich am Horizont scharf vom wolkenlosen Himmel abgrenzte.“
Das ermĂĽdet.
Doch schon ragen die Silhouetten zerbombter, rauchender Häuser wie ein altes Gebiss in die Nacht, noch dazu ein stinkendes Gebiss, und da kann man unmöglich einschlafen.
Maria Sterns „Wassermann“ ist kein übler Kriminalroman. Es ist der zweite Fall für die Wiener Kommissarin Clara Coban. Im ersten Roman „Acetat“ (2016) ging es um häusliche Gewalt, jetzt wird eine Abgeordnete aus der Löwelstraße – zuständig für Umwelt- und Frauenpolitik – in Briefen bedroht sowie von einem Auto attackiert. Falsche Fährten werden gelegt, bis man beim Motiv ist (Wasser), und es heißt: „Wir sind hier doch nicht im verdammten Kolumbien!“
„Ach ja?“
Noch reagieren SPÖ und ÖVP sozusagen gemeinsam, aber schon sägt und hetzt ein konservativer Kanzlerkandidat.
Es wird zu viel geredet in dem Buch. Es wird zu wenig getan. Es ist wie Politik.
Maria Stern:
„Wassermann“
Verlag
Wortreich.
281 Seiten.
14,90 Euro.
KURIER-Wertung: *** und ein halber ... Stern
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