Die Musik der Väter wurde neusprachlich zum Spiritual Jazz

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Maximal intensiv und hochenergetisch: Sax-Player Kenny Garrett mit Power-Play im Wiener Konzerthaus.

Die Ohren winseln fast um Gnade. Mit Powerplay begibt sich Kenny Garrett auf die Spuren seiner Vorfahren und entfacht einen Sturm.

„Sounds From The Ancestors“ ist live ein Exzess. Der aus Detroit stammende Saxofonist rockt mit einem Sextett das Wiener Konzerthaus und hört sich zu Beginn bei einer 20-Minuten-Version von „Haynes Here“ an, als wäre man mit Sun Ra unterwegs in fernen Galaxien. Spaced out sozusagen.

Nur die Sängerin Melvis Santa klingt – tontechnisch überhaupt suboptimal ausgesteuert – wie aus dem Schatten einer Schallschutzwand.

Immer noch auf der Suche nach dem Ton, der Herz und Seele berührt, will der 65-Jährige, dass seine Musikheroen auch in seinen Kompositionen eine tief verwurzelte Spiritualität ausstrahlen.

Meister des Modern Jazz

Hochenergetisch schleudert Garrett seine scharfkantig artikulierten Töne von der Bühne. Ähnlich wie bei Miles Davis’ Album „On the Corner“ (1972) Stücke seiner wichtigsten Vorbilder zum eigenen polyrhythmischen, groove-geladenen, improvisationslastigen Klanggemälde wurden, so verneigt sich auch Garrett im aktuellen Programm mit intellektueller Klarheit, Leidenschaft und emotionaler Tiefe klanglich vor seinen Idolen: Miles, John Coltrane, Roy Hargrove und in „For Art’s Sake“ vor Art Blakey und Tony Allen.

Wobei Garrett nicht Etabliertes wiederholt, sondern kreativ mit seinen Erinnerungen umgeht, die Vergangenheit zurückholt und gleichzeitig nach vorne blickt. Außerdem kubanische, karibische, afrikanische Sounds in den perkussiven Sound integriert. Und zum Kehraus mit „Happy People“ zum Tanzen animiert. 

Einen Konzertmitschnitt sendet Ö1 am 12. 1. ab 19.30 Uhr in der Reihe „On Stage“.

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