Blutiges Ballett der Grausamkeiten

Die Filmstarts der Woche im Schnellüberblick: "The Raid 2" - Die Proben für dieses blutige Filmmeisterwerk dauerten 18 Monate
Ein junger Waliser revolutioniert die Martial Arts: Furioser kann man Gangsterfilm nicht inszenieren.

Am Ende taumelt man aus dem Kino. Fiebrig, fast zitternd hat man in zweieinhalb Stunden die intensivste Actionkino-Erfahrung seit Langem gemacht, ultrabrutal und hyperaktiv.

Da schlagen und wälzen sich Martial-Arts-Kämpfer minutenlang im Schlamm eines Gefängnishofes, bis sich der schön hellbraune Gatsch vor grauen Gefängniswänden mit dunkelrotem Blut gemischt hat und alle halb tot, erschöpft, niedergeprügelt im Dreck liegen bleiben.

Da ist als Regisseur ein wunderbarer Stilist am Werk, ein überragendes Talent, einer, der Plausibilität von Actionszenen nicht mit schnellen Schnitten verschummelt und ihnen auch noch Poesie abgewinnen kann. Einer, der Martial-Arts-Kämpfe – wie herrlich altmodisch – präzise choreografiert, als wäre es Tanztheater, und ein schockierendes Ballett der Grausamkeiten entstehen lässt.

Gangster-Epos

Schon mit "The Raid" (2011), dem in seiner Wahlheimat Indonesien gedrehten ersten Teil, hatte der junge Waliser Gareth Evans den innovativsten Actionfilm des neuen Jahrtausends geschaffen. Ein junger Polizeirekrut prügelt sich da ohne Verschnaufpause durch die Gänge eines von Syndikat-Schergen besetzten Hochhauses in Jakarta. Der Thriller in einem einzelnen Haus war damals die Tugend aus der Not: Evans hatte ursprünglich ein episches Gangster-Drama geschrieben, aber das nötige Budget dafür nicht aufgetrieben.

Nun, das hat er jetzt nachgeholt. Der Erfolg von "The Raid" ermöglichte ihm, seine ursprüngliche Vision als "The Raid 2" umsetzen. Dafür ließ Gareth Evans sogar den laut schallenden Ruf nach Hollywood warten. Gut so. Denn es ist ernsthaft zu bezweifeln, dass Evans’ besessene Arbeitsweise in Hollywood denkbar, weil bezahlbar wäre. Training, Choreografie und Proben für die Martial-Arts-Sequenzen in "The Raid 2" haben etwa ganze 18 Monate gedauert.

Inhaltlich fängt der Film dort an, wo der erste Teil endet. Noch in derselben Nacht der Geschehnisse aus "The Raid" wird Rama ( Iko Uwais) für seinen nächsten Auftrag angeheuert: Der Polizei-rekrut soll einen Politiker-Sohn zusammenschlagen, um ins Gefängnis zu kommen. Dort will er sich das Vertrauen von Uco erschleichen, dem Sohn eines mächtigen Unterwelt-Bosses.

Doch statt wie geplant zu ein paar Monaten wird der junge Familienvater zu zwei Jahren Haft verdonnert. Das ändert – wie harte Helden eben sind – nichts an seiner Mission. Gleich nach seiner Freilassung schleust er sich Undercover in das kriminelle Netzwerk ein und zieht sich dafür schon mal bis zur Unterhose aus (welche großartige Szene eines Demütigungsrituals). Im Zentrum der Macht lebt er nun mit haufenweise konkurrierenden Gangstern und korrupten Polizisten – und der Angst, enttarnt zu werden.

Blut & Beuschel

In "The Raid 2" herrscht Gewalt. Blut und Beuschel spritzen in einer skrupellosen reichen Geschäftswelt, in der Frauen schon mal mit verrückten umgeschnallten Riesendildos Männer traktieren. So schockierend das ist, zum Selbstzweck wird es nie. Eher zum verstörenden Gesellschaftsbefund.

"Der ,Dark Knight‘ des Actionkinos", jubelte einer der Kritiker bei der Weltpremiere des Films in Sundance.

Blödsinn. Dieser Film ist viel, viel besser.

KURIER-Wertung:

INFO: "THE RAID 2". Indonesien/USA 2013. 150 Min. Von Gareth Evans. Mit Iko Uwais, Arifin Putra

Hicks und Ohnezahn, der Drache, stehen zusammen in einer Szene aus „Drachenzähmen leicht gemacht“.
"Drachenzähmen leicht gemacht": Fortsetzung des Kinohits besser als das Original 
Eine Gruppe von Menschen klatscht Beifall.
"Monsieur Claude und seine Töchter": Völkerverständigung in einer Multikulti-Familie
Zwei Gitarristen der Band Motörhead treten auf einer Bühne auf.
Weitere Filmstarts: "Wacken 3D"
Eine Gruppe von Menschen steht an einem gelben VW Käfer mit Gepäck auf dem Dach am Straßenrand.
Und "Der wundersame Katzenfisch"

Im Kino: "The Raid 2"

Treffen sich ein Araber, ein Jude und ein Chinese. Fragt der Araber den Juden: "Magst du Schwarze?"

Klingt wie der Anfang eines altbekannten Witzes, ist aber ein neuer Film – und zwar ein recht fröhlich-französischer über Versuche zur Völkerverständigung innerhalb einer einzigen Multikulti-Familie. In Frankreich wurde solch Komödienstoff prompt zum Millionenhit.

Monsieur Claude bekommt gleich drei Immigranten als Schwiegersöhne seiner drei Töchter. Weshalb zu Weihnachten auch drei verschiedene Puten gebraten werden müssen: chinesisch, koscher und Halal. Als dann auch noch Tochter Nummer vier mit einem Afrikaner (immerhin katholisch, aber schwarz) als Schwiegersohn ankommen will, ist die ohnehin mühsam zurechtgepegelte korrekte Toleranz am Ende, droht der Familienfrieden endgültig zu kippen.

Launig erzählt die muntere Rassismus-Satire von Heiligkeiten und Scheinheiligkeiten einer Familie und tut dabei niemandem wirklich weh. Ein Feelgood-Movie für Toleranz.

KURIER-Wertung:

INFO: MONSIEUR CLAUDE UND SEINE TÖCHTER. F 2014. 97 Min. Von Philippe de Chauveron. Mit Christian Clavier.

Zum Interview mit Regisseur Philippe de Chauveron.

Eine Gruppe von Menschen klatscht Beifall.
Ein Mann und eine Frau sitzen in einem eleganten Restaurant und genießen ein Abendessen.

Selten ist die Fortsetzung so gut wie das Original. Hier ist sie noch besser. Großartige Dialoge, großartige Animation, großartige Drachen rund um den einbeinigen Wikinger-Teenager Hicks. Geschrieben und inszeniert von Dean DeBlois. Betörende Familien-Unterhaltung aus der Dreamworks-Schmiede – berührender und auch ein wenig düsterer als Teil 1.

KURIER-Wertung:

Hicks und Ohnezahn, der Drache, stehen zusammen in einer Szene aus „Drachenzähmen leicht gemacht“.
"Drachenzähmen leicht gemacht 2" - 367.000 Besucher (seit 24. Juli)

 

Bereits die dritte Doku über das weltberühmte Heavy-Metal-Festival im deutschen Wacken. Eine konzentrierte sich auf die Betrunkenen ("Metaller, die auf Brüste starren"), eine auf die Dorfbewohner ("Full Metal Village"). Diesmal ist es mit aufwendigen Kranfahrten eher ein Imagefilm geworden, der Musik- Auftritte mit dem Treiben auf dem Zeltplatz verbindet.

KURIER-Wertung:

Zur ausführlichen Kritik der Doku.

Zwei Gitarristen der Band Motörhead treten auf einer Bühne auf.
Weitere Filmstarts: "Wacken 3D"

Der Titel bezieht sich auf einen Goldfisch, der im Aquarium im Schatten einer vergoldeten Katzenstatue seine tristen Kreise zieht. Ein Bild, das den Zustand der jungen FilmHeldin spiegeln soll: Claudia, einsame Supermarkt-Angestellte, sitzt viel alleine zu Hause und sortiert Loops (Getreide-Frühstücksringerl) nach ihrer Farbe. Mit einer Blinddarmentzündung landet sie im Spital, wo sie eine Mutter (vieler Kinder) kennenlernt, die sich später als Aids-krank entpuppt. Die Mutter nimmt Claudia mit nach Hause, wo sich diese in einer turbulenten Familie wiederfindet und sich fragt, ob sie dazugehört. Preisgekröntes Regiedebüt der jungen Mexikanerin Claudia Sainte-Luce.

KURIER-Wertung:

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