Die Festspiele im Bann der Weltpolitik

Jetzt ist erstmal Ruhe von den Aufregern der am Sonntag zu Ende gegangenen Salzburger Festspiele: Die Entscheidung über den Nachfolger Alexander Pereiras als Intendant wird Ende September erwartet; ob es ein Minus in der Bilanz geben wird, steht Ende November fest.
Zur Überbrückung könnte man die Gelegenheit nützen, tief in die Geschichte der Festspiele einzutauchen: In „Zwischen Österreich und Großdeutschland“ (Böhlau Verlag) verhandelt Autor Robert Kriechbaumer die Zeit von 1933 bis 1944, als die Festspiele zuerst vom österreichischen Ständestaat als ideologisches Mittel gegen den Nationalsozialismus verstanden und nach dem „Anschluss“ dann zu NS-Propagandaspielen wurden.
Gefährdet
Wie groß der Einfluss der Weltpolitik auf die Festspiele war, zeigen alleine die Zahlen: Fast halbiert hatten sich die Karteneinnahmen von 1930 bis 1934, der Festspielsommer 1935 war gefährdet. Der gescheiterte Juli-Putsch (1934) der Nationalsozialisten wirkte nach, und die sogenannte 1000-Mark-Sperre hielt das deutsche Publikum davon ab, die Festspiele zu besuchen. Doch mit massiver Auslandswerbung und dem Engagement Arturo Toscaninis lockte man Besucher aus den USA, Großbritannien, Frankreich an. 1935 gab es dann sogar einen neuen Einnahmenrekord: fast eine Million Schilling.

Das Buch, erschienen bereits vor dem heurigen Festspielsommer, zeichnet nuancen- und zahlenreich den Weg in den Abgrund nach: Nach dem „Anschluss“ sind die Festspiele dann „eine Angelegenheit Großdeutschlands geworden“.
Was man sich nach der Lektüre wünschen würde: Ähnliches für die Zeit nach 1945.
INFO: Robert Kriechbaumer: „Zwischen Österreich und Großdeutschland“ Böhlau Verlag. 445 Seiten. 50,40 Euro.
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