„Die Cousinen“: Casting mit vielen Traumata und noch mehr Themen

Buhlen im Volkstheater um die Rolle des Cousins: Claudia Sabitzer, Hasti Molavian und Irem Gökçen
Drei eifrige Schauspielerinnen kämpfen in der Dunkelkammer des Volkstheaters gegeneinander um eine Rolle

Nava Ebrahimi, 1982 in Teheran geboren, aufgewachsen in Köln und seit einem Jahrzehnt mit ihrer Familie in Graz lebend, durfte im September 2021 das Burgtheater nach den Corona-Lockdowns mit einer Rede wiedereröffnen. Die Wahl sei wohl auf sie gefallen, meinte sie spitz, weil sie Frau und Migrantin sei. Und nun solle sie der Dominanzgesellschaft den Spiegel vorhalten.

Zuvor hatte sie den Bachmann-Preis gewonnen – mit dem Text „Der Cousin“. Er handelt vom Vetter der Ich-Erzählerin, der sich als erfolgreicher Tänzer in New York völlig assimiliert hat. Diese Erzählung hat Dialoge, spielt auf einer Bühne und scheint, auch wenn sie nicht gerade lang ist, prädestiniert für eine Dramatisierung.

Im Wiener Volkstheater dürfte man geglaubt haben, dass der Text zur Allgemeinbildung gehört. Regisseurin Laura N. Junghanns verwendet ihn daher als Basis: Unter dem Titel „Die Cousinen“ lässt sie in der Dunkelkammer drei Schauspielerinnen zum Vorsprechen antreten. Eine soll die Rolle des Cousins bekommen.

 

Das Prozedere erinnert an ein Assessment Center. Und das Ergebnis an „Geschlossene Gesellschaft“. Denn die drei von einer Kamera beobachteten, sich selbst überlassenen Cis-Frauen machen sich gegenseitig fertig. Jede hat gute Gründe und viele Traumata vorzubringen. Selbst die privilegierte Schweizerin ist als alleinerziehende Mutter in der Menopause (ohne Engagements) eine arme Haut.

Alle drei werfen sich mit Eifer, Witz und Spiellust in die Schlacht: Hasti Molavian als Schauspielerin mit persischem Hintergrund, Irem Gökçen mit türkischem und Claudia Sabitzer. En passant werden in drei Durchläufen (jedes Mal kommt eine andere zu spät) alle woken Themen durchgekaut. Sehr amüsant, mit Visuals von Marvin Kanas illustriert, aber oberflächlich. Von „Der Cousin“ bekommt man nur zusammenhanglose Passagen vorgetragen.

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