Diana Krall: Jazz-Standards – unterkühlt und dekonstruiert hingehaucht
Diana Krall im Wiener Konzerthaus.
Herzschmerz lag in der Luft beim Wiederhören von Diana Krall im Konzerthaus, „Love and Romance“ und ein bisschen November-Depression, als wär's schon der Sound für Allerheiligen.
Die kanadische Jazzpianistin und Sängerin ist auf Tour mit Schmankerln aus dem Great American Songbook. Für sie typisch: mit brüchiger Stimme, die keine großen Flügel hat, hingehaucht, diesmal teils extrem zerdehnt bis zur Spannungslosigkeit.
Das Song-Repertoire ist fast dasselbe wie 2023.
„Almost Like Being in Love“, „All or Nothing at All“ mit fast gesprochener Phrasierung als Cover von Jimmy Dorsey and His Orchestra, Frank Sinatras „Fly Me to the Moon“ ...
Selbst der sonst im Midtempo swingende Nat-King-Cole-Hit „L-O-V-E“ mit den Lyrics „Liebe ist alles, was ich dir geben kann. Liebe ist mehr als nur ein Spiel zu zweit“ oder der Cole-Porter-Song „I’ve Got You Under My Skin“, bei ihr eine rauchige Sehnsuchtsbekundung, sind bis zur Dekonstruktion verlangsamt.
Die in ihren Ansagen wortkarge Künstlerin, die oft wirkt, als stünde sie neben sich, sagt, sie sei „excited“, wieder in Wien zu sein. Und man erinnert sich plötzlich, dass die Frankfurter Allgemeine Zeitung schon vor Jahren schrieb: „Sie ruht sich auf ihrem hohen Niveau aus.“
Würden im Trio Sebastian Steinberg (Kontra- und E-Bass) und Matt Chamberlain (Schlagzeug) zwischen Hingenuscheltes nicht rhythmische Akzente beim subtilen Swing und Blues setzen, vieles käme wie eine akustische Schlaftablette daher.
Der Funke will nicht überspringen. Neues kündigt die 60-Jährige zwar an, hat aber nichts wirklich in petto. Ein insgesamt seltsamer Abend am „Boulevard of Broken Dreams“. Höflicher Applaus.
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